„Die Wintermonate sind die Zeit, in der man intensiv an seiner Schwimmtechnik arbeiten kann.“ Ja, so oder in ähnlichen Worten steht das in der Fachliteratur. Ich weiß. Um an der Schwimmtechnik arbeiten zu können, wird aber eine bestehende Technik vorausgesetzt. So etwas hätte ich auch mal gerne. Also habe ich mir für die Wintermonate als Streberin vorgenommen, mich meiner Schwimmtechnik resp. dem, was ich da im Wasser so mache, zu widmen.
Zugegeben hatte ich den Vorsatz, meine Schwimmerei zu verbessern, ja nicht zum ersten Mal gefasst, leider ohne jeden Erfolg. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es sich hier nicht um Jammern auf hohem Niveau handelt (das kann ja schon mal vorkommen), sondern wirklich um ein Defizit. Mein Ziel resp. mein Vorsatz für die Saison 2019 wäre lediglich das Verlassen des Wassers im Mittelfeld und nicht mehr am hinteren Ende bei den Brustschwimmern.
Der Status quo: Ich komme aus dem Wasser, mein Gesicht hat die Farbe einer Tomate (die Form einer solchen hat es ja immer) und ich bin nicht nur am Limit, sondern weit darüber und möchte mich am Schwimmausstieg am Liebsten übergeben. Diesen Zustand würde ich gerne so hinnehmen, wenn ich mit einer Zeit von 35 Minuten auf 1.9 Kilometern aus dem Wasser kommen würde. Das wäre doch mal geil. In meinem Fall sind es aber so 40 Minuten plus. Durch das „Schwimmen am und über dem Limit ohne Output“ bin ich dann schon zu Beginn des Rennens so demoliert, dass ich beim ersten Wechsel meist nicht nur verwirrt bin (also mehr als sonst eben), sondern auch die ersten 10 Kilometer am Rad benötige, um mich wieder zu sammeln (insbesondere bei kurzen Distanzen sehr förderlich). Quod erat demonstrandum – isch kann et nischt.
Wenig hilfreich sind angesichts der eher traurigen Sachlage dann auch Statements wie:
- Was für tolle Hebel du doch hast! Die sind ja ideal!
(Ja, zur Apfelernte taugen die langen Arme vielleicht was …) - Du hast aber sehr breite Schultern und so viel Kraft!
(Danke Eishockey-Sport, dass du mir diese Hulk-ähnlichen Schultern geschenkt hast, die mir beim Schwimmen absolut nix bringen, sondern nur krass aussehen) - Warum machst du dann nicht einfach Duathlon?
(unter Berücksichtigung meiner steten Jammerei ob der schwachen Schwimmleistung eine völlig legitime Frage … wenn da nicht die Faszination Triathlon wäre, zu der das Schwimmen eben gehört)
Schwimmen finde ich prinzipiell als Sport faszinierend und ästhetisch einfach großartig. Aus diesen Gründen möchte ich es ja, nebst der zeitlichen Verbesserung in den Rennen, auch gerne gut können. Ich sehe diese Menschen, die eine von Gott gegebene Wasserlage haben und schier mühelos durch das Wasser gleiten, als wäre es das Natürlichste der Welt. Ja, ich gebe zu, es schwingt dann immer eine große Portion Neid mit, aber vor allem auch Bewunderung. Wie machen diese Leute das?
Ich kämpfe bei jedem Training wie Don Quichotte gegen Wasserwindmühlen. Dabei strengt es mich mehr an, als ein intensiver 10-Kilometerlauf… und es frustriert…
Was also tun?
- Weiter jammern?
Natürlich, warum schreibe ich das hier sonst?! - Kopf in den Sand resp. ins Wasser stecken?
Auf Dauer nicht gesund. - Wodka in der Trinkflasche am Beckenrand mitführen?
Auch nicht gesund. - Mal Profis um Rat fragen und mit diesen arbeiten?
Genau das. So ein fataler Bewegungslegastheniker kann Blondie ja doch nicht sein..
Trotz Offseason wurde also schon seit Oktober an der Schwimmperformance gearbeitet. Die Streberin engagierte sogar wirklich ein Mal pro Woche auch einen lässigen Trainer, der bei der ersten Einheit die Hände über dem Kopf zusammenschlug und mir eine ganze Liste an technischen Fails zusammenstellte. Rein objektiv betrachtet, muss ich also wirklich eine Kraftsau sein, mit DER Technik die 3.8 Kilometer des Ironman überlebt zu haben.
Was alles nicht passt – ehrlich und kurz umrissen:
- Beintempo (ein Wunder, dass sie nicht rückwärts schwimmt mit diesen unbeweglichen Läuferfüßchen)
- Eintauchphase (die Pfötchen machen lustige Bewegungen, vollkommen autonom … vielleicht war sie doch mal Waldorfschülerin und hat mit den Händen ihren Namen getanzt…?)
- Zugphase (ja wo zieht sie denn hin? Zur Körpermitte ja mal nicht …)
- Druckphase (ist ja ganz nett, aber bist du ein Schaufelbagger?)
- Atmung (atmen kann sie schon – Gott sei Dank – aber nicht zum richtigen Zeitpunkt)
- Rhythmus (haben wir nicht. Punkt.)
Zusätzlich trat das Einhörnchen im November auch noch die Reise nach Karlsruhe zu seinem ersten Camp der Swim Performance Crew an. Warum denn nach Deutschland? Als ob das hier keiner könnte… Ja Mann, nach Deutschland! Einfach, weil ich die Crew richtig gerne mag und Schwimmen mit ihnen wirklich Spaß macht! Ja, richtig gehört, wenn sogar ich mal Spaß am Schwimmen habe, dann ist das jede Reise wert. Zwar kam so viel neuer technischer Input hinzu, dass Blondies Kopf zu explodieren drohte, aber mit irgendetwas musste ich mich ja auch in den Wochen darauf beschäftigen. Ich würde mir die Jungs ja gerne importieren und mir täglich eine eigene Bahn für Privattraining mieten. Innerhalb der marginalen Dauer von drei bis vier Jahren kann ich dann sicher richtig gut schwimmen. Jedoch wirft mein Blog knapp nicht genug Geld ab (in Worten: „Euro Null“), um dieses motivierte Vorhaben realisieren zu können. Also bleibe ich bis zum ultimativen Reichtum eben bei den Youtube-Clips, Videoanalysen und Camps.
Voller Tatendrang und Motivation arbeitete ich also stetig weiter und ich persönlich fühlte mich im Wasser schon besser und besser. Bei der nächsten Einheit mit dem hiesigen Trainer erwartete ich als mit mir selbst höchst ungeduldiger Mensch natürlich Lucy Charles-ähnliche Schwimmleistungen. Völlig überraschend trat diese Leistungssteigerung selbstverständlich nicht ein. Der lustige Trainer lokalisierte weiterhin eine Liste technischer Defizite, zwar fiel der eine oder andere Punkt raus, dafür kam wieder Neues hinzu. Ich hatte also den ominösen Knoten (wir kennen doch alle die Aussage „Wenn da mal der Knoten platzt, das Wassergefühl da ist, dann wirst du richtige Sprünge nach vorne machen …“) noch immer nicht gefunden. Eh klar. Schwimmen, Oida. Da fahren wir auf der Motivationsachterbahn wieder mal nach unten. Der Gang in das Hallenbad fällt mir aktuell also wieder mal schwer, die böse „Wozu eigentlich?“-Frage macht sich breit.
Aber ich habe eine Sache im Schwimmcamp gelernt: Schwimmen soll vor allem auch Spaß machen. Genau das beherzige ich nun also in diesen Zeiten des Motivationstiefs und mache im Wasser auch mal das, was mir Spaß macht, ohne Vorgabe, Plan und Stress. Also einfach mal Brustschwimmen, die Rollwende üben und dabei fast ertrinken oder einfach nur durch das Wasser gleiten. Irgendwann wird sich die Frustration schon wieder schleichen, hat sie bis jetzt ja immer getan, zumindest temporär, bis ich wieder mal von 10-Jährigen oder Pensionistinnen mit gerüschten Badehauben deklassiert werde. Vielleicht lässt sich dieser Knoten ja mit Spaß leichter finden, vielleicht ist meine Schwimmbrille aber auch nicht mehr so fit und ich sehe einfach schlecht?
Eines ist klar: aufgegeben wird hier noch lange nicht, denn würde ich schnell mal aufgeben, dann hätte ich mir nicht Triathlon ausgesucht.
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