Die ersten Monate des neuen Jahres sind ja bekanntlich immer recht intensiv. Da geht es für mittlerweile richtig viele Hobbyathleten in den Süden, um erste Kilometer in der Sonne zu sammeln. Ja, nicht nur die Profis können in der Heimat mit hübschen Tanlines kokettieren, auch der gemeine Age Grouper (wobei es den Profi natürlich weniger kratzt als den Lulu-Athleten im Büro, wenn er nach dem Trainingslager neidische Blicke von den bleichen Kollegen auf sich zieht).
Auch für mich ist der Frühling immer besonders intensiv, obwohl meine Tanlines von mir noch so weit entfernt sind wie das Performance-Level von einer Kona-Quali. Weit. Sehr weit. Im März und April geht es nämlich arbeitstechnisch richtig rund – die Eishockey Playoffs der heimischen Liga stehen am Plan (anstatt ausgiebiger Grundlageneinheiten entlang sonnenverwöhnter Küsten … mein Gott, wie ich diese Postings der happy Radler dann immer hasse. Ist so. Muss man auch mal zugeben!). Wie schon des Öfteren in meinen geistigen Ergüssen erwähnt, bleibt der große Reichtum durch das Verfassen von Blogbeiträgen aus. Das ist eindeutig darauf zurückzuführen, dass sich das Retro-Einhorn zum einen weiterhin gegen das Betreiben eines Instagram-Accounts sträubt (schade eigentlich, so werden die sinnbefreiten Selfies, die ich nie mache und die keinen interessieren, ja nicht öffentlich) und zum anderen, weil mein gewähltes Thema wohl nur eine recht kleine, aber feine Zielgruppe anspricht. Wer betreibt Triathlon denn auch lustig, das ist doch krank ? Daher muss im realen Leben auch ein realer Job her.
Ja, im Frühjahr trifft man mich folglich eher quer durch Österreich im Übertragungswagen der „Servus Hockey Night“ an als am Rad, denn dort arbeite ich als Grafik-Redakteurin. Gott sei Dank ist mir der Eishockeysport auf diese Weise noch erhalten geblieben. Gerade zu dieser Zeit im Jahr, wenn eben der „König Eishockey“ regiert, fehlt es mir doch immer wieder sehr, nicht mehr selbst am Eis stehen zu können. Danke, du elende Bandscheibe und ihr verkümmerten Wirbel! Aber seien wir an dieser Stelle ehrlich – mittlerweile wäre ich ja auch ohnehin zu alt für diesen Sch… Sport. Da lobe ich mir doch den Triathlon, hier beginnt ja die Blütezeit mit 30. Das habe ich zumindest so gelesen und für das gute Gefühl selbstredend unverzüglich und unreflektiert als die reine Wahrheit aufgenommen.
Andererseits habe ich mir auch schon öfter die Frage gestellt, ob ich es eigentlich bereue, den Triathlonsport erst so spät entdeckt zu haben, quasi nur ein später Quereinsteiger zu sein. Man stelle sich doch nur mal vor, ich wäre schon als Kind im Schwimmverein gewesen! Nein, der Gedanke ist zu krass, den lassen wir gleich mal wieder. Aber nehmen wir mal an, ich hätte schon in irgendeiner Form Ausdauersport betrieben. Das wäre jetzt zweifellos von Vorteil, allerdings würde ich trotz der vermeintlich besseren Ausgangslage keine einzige Sekunde aus der vergangenen Eishockeyzeit missen wollen. Immerhin war es auch eine geile Zeit, in der ich viel erleben durfte.
- Busfahrten zu Auswärtsspielen
- Komplizierte Übungen im Training, die eh keiner kapierte und man dann immer hoffte, nicht als Erste losfahren zu müssen
- Die vielen Sommertage in der Kraftkammer
- Trainingscamps und Länderspiele mit dem Nationalteam
- Das Jammern der Mädels, wenn der Capitano das Aufwärmen wieder viel zu anstrengend gestaltete (ja, die Sprechchöre „ABWAHL!!!“ hörte ich nicht selten)
- Unvergessen die Maus, die in der Kabine der Zagreber Eishalle in meine Eishockeyhose hüpfte #Hygienestandard
- Das erste Training bei der neuen Mannschaft in Schweden (dort gab es auch das Fotoshooting zum Coverbildchen)
- Der gequälte Gesichtsausdruck, wenn man schon viel zu lange am Eis war, zum Wechsel Richtung Spielerbank fährt, aber der Coach sagt: „Nein, nein, du bleibst noch!“
- Kabinenpartys #legendary
- Wenn die letzten Sekunden in einem entscheidenden Spiel anbrechen und mal mit einem Tor vorne liegt.
- Das Anziehen der noch nassen Ausrüstung vor der dritten Trainingseinheit an einem Tag. Ein wahres Fest für alle Sinnesorgane!
- Der Moment vor der Heim-WM in Graz 2009, als der finale Kader bekannt gegeben wurde. So schlecht war mir auch vor dem Start zum Ironman Austria.
Und dies war nur ein kleiner Auszug, das würde sonst noch ausufern. Also nein, wirklich keine Sekunde würde ich eintauschen wollen, schon gar nicht für mehr Zeit im Hallenbad ?
Aber hat mir das Eishockey vielleicht auch den einen oder anderen Benefit mit auf die Triathlon-Reise gegeben? Ich bin davon sogar überzeugt! Immerhin hat das Ritual, die Nägel vor einem Rennen hübsch zu lackieren, auch seinen Ursprung im Eishockey. Ja, im Eishockey! Whaaat – wer hätte das gedacht! Vor der WM 2009 hatte das ganze Team die Nägel in patriotisches Rot-Weiß gehüllt. Mittlerweile sind die Nägel zwar meist Rosa, Rot-Weiß würde ja auch nicht zum Lebensgefährt passen, aber das Ritual ist geblieben.
Auch der Zugang zu Schmerzen wurde von der Eishockeyvergangenheit geprägt. Nach einem Spiel war man schon mal schnell im Unfallkrankenhaus. Schulter kaputt, Knöchel kaputt, Kopf kaputt (nein, nicht so wie ihr jetzt denkt! DAS ist er ja immer noch!), Hand kaputt, krank – es wurde gespielt, für das Team gibt man schließlich stets alles. Wenn ich jetzt bei einem Massenstart im Wasser mal einen Ellbogen oder Fuß ins Gesicht bekomme, sehe ich das sehr gelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob meditatives Yoga hier den gleichen Effekt gehabt hätte!
Natürlich habe ich auch im Ausdauerbereich schon viel aus dem Eishockey mitgenommen. Nein, habe ich absolut nicht, denn sollte es überhaupt mal Trainings in diese Richtung gegeben haben, so hasste ich sie oder habe mich davor mehr oder weniger erfolgreich gedrückt. Ich war in dieser Hinsicht ein richtig fauler Sack und habe das Ausdauertraining wirklich verflucht. Welch paradoxe Wendung!
Die spezielle Redensart verdanke ich wohl auch dem schönen Eishockey. Diese kann für zarte Gemüter oft verstörend sein, aber die Eisfläche und die Spielerbank sind eben nun mal keine Workshops für die Herstellung von Glitzerhaarspangen. Da fällt eben mal der eine oder andere Kraftausdruck … oder auch mal zehn … pro Minute. Aber was wäre mein schweres Rad-Tourette auch ohne diese solide Grundausbildung?!
Was ich aber wirklich gelernt habe – nie aufzugeben! Zugegeben war ich eine doch recht talentfreie Spielerin, es gibt im Eishockey nämlich wirklich große Talente mit viel Spielwitz, Übersicht und großartiger Puckbeherrschung. Zu diesen zählte ich eher weniger, aber ich war eine sehr fleißige Arbeiterin, die sich nicht davor scheute, extra Einheiten einzulegen oder am Eis dorthin zu gehen, wo es weh tut (z.B. vor dem Tor die Sicht für den Goalie zu verstellen … wenn man nicht eh vom Puck getroffen wird, kann man sich sicher sein, dass einen dort irgendwer verhaut). Wenn die Trainings aus waren, ging ich eben noch Treppen hochsprinten oder suchte mir zusätzliche Trainingseinheiten bei anderen Teams. Wenn man noch jung ist, hat man ja auch noch so viel Energie!
Auch wenn es hart war, über eine lange Zeit den Sprung in den finalen Nationalteamkader für eine Weltmeisterschaft wieder und wieder nicht geschafft zu haben (und das war immer mein großes Ziel), so ließ ich nicht locker und trainierte eben noch mehr. Mein Gedanke: “Wenn wir schon wenig Tore schießen, dann sind wir eben eine physisch sehr präsente Spielerin, das muss doch für irgendwas gut sein!?”
Schließlich machte sich just für die Heim-WM 2009 die harte Arbeit und die Hartnäckigkeit bezahlt – ich war dabei! Olé Olé – Mission accomplished!
Mein Credo lautete hier stets “Hard work beats talent when talent fails to work hard.” und dieses ist mir auch bis heute geblieben. Vielleicht bin ich damit im Triathlon auch gar nicht so schlecht aufgehoben.
Dem Triathlon bin ich hingegen vor allem für die flexiblen Farboptionen hinsichtlich der Ausrüstung dankbar. Zumindest zu meiner Zeit damals war die Euphorie meiner Mitspielerinnen bezüglich Outfits in pastelligem Rosa eher … sehr begrenzt. Da musste man viel mehr froh sein, wenn man die Kabine mit so einem Vorschlag heil und ganz wieder verlassen konnte. Dafür kann ich mich ja jetzt nach allen Regeln der Kunst austoben, das Lebensgefährt zeigt sich hier sehr geduldig.
Aber egal, wie viel Prinzessinnenrosa – ein großer Teil von mir wird immer ein wahnsinniges Hockey Chick bleiben und ich sage dazu nur: welch ein Glück!