Ach ja, da war ja ein Rennen …

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag hochgeistig und klug beginnen, hatte auch schon die entsprechenden Opening Lines parat und husch, läuft da am Fenster des Wintergartens mein Igel-Freund vorbei. Entzückt musste ich an dieser Stelle natürlich sofort unterbrechen, rauslaufen und ein Foto machen.

So schnell wie der Igel waren auch meine Opening Lines weg. Ich bitte an dieser Stelle also um Nachsicht hinsichtlich des wohl unkreativen ersten Absatzes.
Also, was wollte ich eigentlich sagen? Kurz umrissen, schreiben wir nun Frühjahr 1 nach dem Ironman Austria und irgendwie ist in diesem Frühjahr alles anders. Es gibt kein richtiges Kribbeln, keine temporären Panikattacken und kaum sonnenbedingte Tanlines. Liegt es daran, dass mein Saisonhöhepunkt mit dem Ironman 70.3 in Irland erst Ende August noch recht weit entfernt ist oder ist einfach die Motivation eine andere? Oder gibt es andere Einflussfaktoren … ich zeige mich mal investigativ …

Das Wetter
Letztes Jahr war ich um diese Zeit am Weg nach Bad Schönborn zum Ironman 70.3 Kraichgau. Es hatte wie schon in den Wochen davor triathlontaugliche, heiße Temperaturen und die Sonne schien. Ich erinnere mich an den tollen Stau bei Heilbronn und 800 Grad im Auto. Waren das noch Zeiten. Mir ist durchaus bewusst, wie essenziell entsprechender Niederschlag für Flora und Fauna ist, jedoch ist umgekehrt meine Motivation, bei 11 Grad und im Regen Koppeltraining zu machen, eher begrenzt. Auch der Teint war 2018 schon ausdauersportgeprägter. Aktuell kann ich mich vor eine weiße Wand stellen und man würde sich denken: warum hängt hier jemand Haare auf halber Höhe auf? Sieht komisch aus.
Natürlich setzt man sich auch bei kühlen Temperaturen aufs Rad oder läuft auch im strömenden Regen (natürlich nur, wenn man ein wenig wunderlich ist … sprach sie und zeigte mit dem Finger auf sich selbst), aber das richtige Triathlon-Feeling will so eben nicht wirklich aufkommen.

Partielle Resignation
Manche Dinge kann sie (beispielsweise kann ich mir sehr souverän meinen Zopf während eines Halbmarathons neu flechten), manche eben nicht. Zur letzten Kategorie zählt Disziplin eins im Triathlon. Nein, das wird jetzt nicht „Lulu jammert ob der schwimmerischen Inkompetenz Kapitel 725“, viel mehr habe ich hier partiell resigniert. Fortschritte haben sich trotz intensiven Techniktrainings nicht wirklich eingestellt und manchmal muss man eben das tun, was man auch mit News rund um die Kardashians machen sollte: einfach ein Häufchen drauf. Grundsätzlich wollte ich im Schwimmen ja viel über die Winter- und Frühjahrsmonate weiterbringen, aber die Tests im Training haben mich jetzt nicht wirklich positiv gestimmt. Um die Selbstgeißelung und Frustration in Grenzen zu halten, schwimme ich jetzt einfach keine Tests mehr und distanziere mich auch weiterhin von Garmin Connect Einträge meiner Triathlonkollegen. Ich hänge mir morgens ja auch kein Foto von Romee Strijd neben den Spiegel.
Natürlich könnte man jetzt als super motivierter Sportler sagen, dass dies jetzt auch nicht die richtige Einstellung ist, um besser zu werden. Hier nicke ich selbstverständlich beipflichtend, während ich mit einem Smoothie in der Hand die Serie „Lucifer“ schaue, statt mich im Hallenbad zu quälen. Und was soll ich sagen, die Couch ist auch geil.

Spaß statt Struktur
Nach wie vor bin ich ja ohne Trainer und minutiös getaktetem Trainingsplan unterwegs. Das war ich aber auch im letzten Jahr schon. Allerdings hatte ich mir hier selbst einen doch recht umfangreichen Plan geschrieben, den ich ab und zu von einem Trainer absegnen ließ (immerhin war dem Einhorn vor der ersten Langdistanz ja nicht klar, ob es immer in die richtige Richtung galoppiert resp. trabt). Unter den Ironman Austria hatte ich aber 2018 dann ein rosa Häkchen gesetzt und lange keine Lust auf viel Struktur im Training. Diese Unlust hält sich aber bis jetzt, was schon ein bisschen viel Wasser den Fluss runter ist. Grundsätzlich wollte ich schon im Dezember mit einem strukturierten Plan die Vorbereitung zu meinem Saisonhighlight in Angriff nehmen. Da habe ich mir dann auch eine schöne Periodisierung mit rosa Stift gemalt (ja, nix mit Computer und Apps und so Zeugs, sondern noch so richtig retro mit Zettel und Stift. Ich bin eben alt, Mann!) und meine Rennen bis September geplant. Es war anfänglich also viel Wille und Motivation zu einem Trainingsplan da. Doch dann kam Alan in mein Leben, mein neues Rennrad aka. das Lebensgefährt 2.0, und plötzlich fand ich mich schon am 6. Januar das erste Mal draußen am Rad. Was ist denn mit DEEER los? Eine Frage, die sich nicht nur die Nachbarn stellten, sondern ich mir auch selbst. Ich hatte plötzlich einfach richtig viel Spaß am Rad (klar, bei dem Gerät) und so warf ich immer wieder meine Pläne über den Haufen und fuhr einfach los. Natürlich hatte ich weiterhin so eine ungefähre Planung für jede Woche, aber der Spaß und die Möglichkeiten (Wetter halbwegs gut? Ich hab‘ Zeit? Dann fahr ich doch draußen herum und nicht stupide in den vorgegebenen Zonen auf der Rolle) standen im Vordergrund.

Bei den anderen Triathlonfreunden scheint das Training perfekt getaktet zu sein, hier wird nichts dem Zufall überlassen. Jede Einheit wird im Gegensatz zu meiner „Einhorn just wanna have fun“-Mentalität beinhart durchgezogen. Ob das bei meinen Rennen dann gut gehen wird? Werde ich dafür büßen müssen, dass ich einfach mehr auf den Fun als auf einen genauen Plan geachtet habe? Ich habe keine Ahnung, aber wenn der Spaß nicht mehr im Vordergrund steht, habe ich ohnehin das Thema verfehlt.
So far habe ich ein Rennen absolviert und da schaute der Kärntner Vizelandesmeistertitel im Halbmarathon raus. So ganz kann ich also nicht alles falsch gemacht haben. Oder ich profitiere einfach noch von meiner Struktur aus dem letzten Jahr?

Der Zeitrahmen
Mein Saisonhighlight steht mit dem Ironman 70.3 Dun Laoghaire erst am 25. August an. Das ist ja doch recht spät und fördert meine „Aaaach, bis dahin ist doch noch so viel Zeit, lass jetzt doch mal eine Runde chillen…“ Einstellung. Ich habe mir aber bewusst ein spätes Rennen ausgesucht, da ich vor Ende Juli oder August beruflich bedingt kaum auf genügend Radkilometer komme. Ich rechne also erst im Juli mit den panischen Aussetzern, bei denen ich konfus im Kreis renne und mir hektisch vor Augen halte, was ich doch alles in der Vorbereitung hätte machen sollen. Es wäre also noch viel Zeit, um all das in der Vorbereitung auch tatsächlich abzuarbeiten, damit diese Panikattacken ausbleiben. Aber wo wäre denn dann der Spaß?!
In dieser Saison habe ich auch, ganz so wie es die Fachliteratur empfiehlt, wirklich Highlight- und Trainingsrennen auserkoren. Blöd nur, wenn man eigentlich nur an die Highlights denkt und auf die Testrennen vergisst. So geschehen vor wenigen Wochen, als mir klar wurde, dass mein erstes Rennen ja nicht erst Ende August ansteht, sondern schon am 1. Juni. Japp, ich fahre heute nach Linz zur Mitteldistanz. Hätte man auch mal früher dran denken können. Immerhin habe ich aber noch zwei Koppeltrainings absolviert, nicht dass die Gehfäden komplett drauf vergessen, was auf sie zukommt.
Das Outfit habe ich entsprechend der Ernsthaftigkeit angepasst. Cu in Linzo!