Das Ende ist gekommen. Dabei war es doch so schön und fast gemütlich im Grundlagentraining. Ja, die erste Trainingsphase für den Ironman Austria habe ich nun für beendet erklärt. Warum denn jetzt schon? Spinnt die? Steht sie doch schon Anfang Mai am Start (alleine … im Strandbad zu Klagenfurt)? Das mit dem Spinnen trifft mit Sicherheit zu, aber generell habe ich mich für folgende Periodisierung in der Vorbereitung auf die erste Langdistanz entschieden:
- Grundlagenphase 1
- Tempophase 1
- Grundlagenphase 2
- Nervenwegschmeißen
- Tempophase 2
- Nervenwegschmeißen
- Tapering und einen spontanen Wechsel der Sportart erwägen
- Wettkampf
Bevor es jetzt also mit der ersten Tempophase losgeht, könnte man ja mal ein Resümee ziehen.
Hat sich mein Leben in den letzten Monaten durch das Training für eine Langdistanz fundamental verändert? Nein, eigentlich nicht. Dies kann nun einerseits bedeuten, dass ich zu wenig trainiert habe oder andererseits, dass meine Lebensgestaltung auch vorher schon entsprechend wunderlich war und mir dadurch das erhöhte Trainingspensum nicht wirklich aufgefallen ist. Die einschneidenden Veränderungen sind hier eigentlich nur, dass ich am Donnerstagabend „Criminal Minds“ eben vom Rad aus anschaue und den einen Ruhetag pro Trainingswoche wirklich zelebriere und genieße.
Für mich war es bisher die größte Herausforderung, mich unbeirrt an den eigenen Trainingsplan zu halten und mich nicht von anderen Athleten oder Weisheiten entmutigen zu lassen. Jeder hält sich hier ja für den größten Experten und auf Langdistanz-Rookies wie mich prasseln oft so viele Unkenrufe ein, dass man sich wie in einem Biotop zur Paarungszeit vorkommt. Und schon stellt man seinen akribisch ausgearbeiteten Trainingsplan in Frage. Die Panik überkommt einen gerne mal, weil man an einem Tag nur Zeit für sein Stabilisations- und Athletikprogramm hatte, am Rückweg von der Arbeit aber ältere Damen am Straßenrand joggen sieht und sich sofort denkt: „Mein Gott, wahrscheinlich haben sogar die Seniorinnen heute mehr getan als ich … wo soll das hinführen?“.
Die bekannte Fachliteratur, die regelmäßig erscheint, gibt ja auch mit jeder Ausgabe neue Tipps, neue Vorgaben und neue Trainingsansätze preis. Als ambitionierter Hobbyathlet versucht man natürlich, ALLE Ratschläge und Trainingspläne umzusetzen. Oder wenigstens 50%. Unterm Strich bedeutet dies dann aber beinahe den Lifestyle eines Profis: morgen eine Stunde nüchtern laufen, dann Mobilisationsübungen, dann noch eine 2-stündige Radausfahrt und am besten auch noch einen Koppellauf im Anschluss (klar, kann man mal machen … im Januar … von der Rolle vollkommen schweißüberströmt noch nach draußen, damit man bei -8 Grad noch den Koppellauf unterbringt … immerhin steht das so am Plan). Wir benötigen also alle eine Paincave wie Lionel Sanders. Oder zumindest ein Fitnessstudio, in dem Ergometer und Laufband stets in dieser Konstellation verfügbar sind. Ein Finishen außerhalb dieser Schemata scheint unmöglich. Wenn ich mir da aber die einen oder anderen Finisher ansehe, denke ich unter völlig nüchterner Betrachtung, dass nicht jeder Athlet, der es schafft die Ziellinie zu überqueren, all den strengen Plänen sektengleich gefolgt ist.
Was man im Eifer des Trainingswahnsinns ja gerne mal vergisst: man betreibt diesen Sport so wie viele, viele andere auch, nur als Hobby. Auch wenn man gerne mehr trainieren wollen würde, der ECHTE Job kommt einem gerne dazwischen. Dann heißt es: nur nicht in Panik verfallen, sich bewusst machen, dass diese eine Trainingseinheit das Kraut schon nicht fett machen wird und all jene Kumpels, die sich lustig beim Radeln im Süden posten, während man selbst gerade zum Business-Meeting unterwegs ist, getrost eine Runde hassen. Ist so – hilft in dieser Situation auch.
Manche Trainingseinheiten nehmen auch einen anderen Lauf als geplant. Also was schreibt man nun in seinen Trainingsplan, wenn man seinen blöden Hund bei Regen und 4 Grad im Gebüsch sucht, weil er sich während des Laufs der Leine entledigt hat um ein Reh zu jagen? Vom Pulsbereich her agiert man definitiv im Schwellenbereich, weil „OMG, wenn ihn ein Jäger erschießt!?!“, von der Intensität her schleicht man aber eher im Regenerationsmodus im Unterholz herum (nicht, dass man noch stürzt und dann im Training ausfällt!). Es handelt sich also um eine Grauzone – ähnlich dem Trainingswetter von November bis März in unseren Breiten.
Aber auch das sollte einen nicht aus dem Konzept werfen (solange der Hund wiederkommt).
Mal läuft es in einer Woche gut, mal eben weniger. Ich bleibe bei meinem Plan, der in regelmäßigen Abständen von meinem Trainer abgesegnet wird (er wird schon wissen, ob es passt) und lasse mich auch wirklich wenig bei Garmin Connect blicken. Sonst ist man ja nur wieder irritiert, weil man zu wenig oder nicht mit Zwift trainiert und erwägt schon im März ein Umschulen auf Federball. (Ja, man fragte mich ob meiner Absenz auf dieser Plattform in der Tat schon, ob ich denn überhaupt noch den Ironman Austria anstrebe)
Für mich das Wichtigste: bisher habe ich richtig viel Spaß am Trainieren, Monotonie ist durch den Variantenreichtum in den Einheiten und in der Musikauswahl auch noch nicht eingekehrt. Ok, ich gebe zu: früh morgens im Dunkeln auf der Rolle zu sitzen und 1.5 Stunden runter zu radeln macht mir keinen Spaß. Wirklich nicht. Aber dafür kann man danach ja wieder schön Essen in sich hineinstopfen.
Koppellauf habe ich bisher übrigens noch keinen gemacht, weil darauf hab‘ ich vor April einfach keinen Bock.
Natürlich blicke ich gerne über den Tellerrand, schaue mir interessiert unterschiedliche Konzepte und Tipps für Trainingsreize an, aber insgesamt bleibe ich als Neuling dann doch am sicheren Tellerboden des eigenen Plans.
Vielleicht habe ich in meiner bisherigen Vorbereitung alles falsch gemacht und ja, vielleicht haben die Leute Recht, die meinten, dass die Anmeldung zum Ironman Austria nur eine reine Zeit- und Geldverschwendung sei. Ich sage aber: solange mir der Weg zum Ironman Spaß macht, habe ich auf jeden Fall schon gewonnen. Man möge mich bitte am 1. Juli an diese weisen Worte erinnern …