1. Südkärntner Triathlon und 100 Meter Fame

Irgendwann musste mit der ohnehin schon langen Triathlonsaison ja mal Schluss sein und was bot sich als krönender Abschluss besser an als eine Mitteldistanz in der Heimat? Ja nix, daher auf zum 1. Südkärntner Triathlon am schönen Klopeiner See!
Terminlich hätte es aber nicht suboptimaler laufen können, denn zum ersten Mal vor einem größeren Rennen hatte ich keine Möglichkeit, mich in den Tagen davor entsprechend vorzubereiten oder mich in den Rennmodus zu versetzen, weil ich faktisch rund um die Uhr arbeiten musste. Auch am Renntag konnte die Arbeit zunächst nicht ruhen. Am Parkplatz früh morgens angekommen, wurden zunächst mal über eine Stunde lang E-Mails geschrieben und Management-Tasks per Handy erledigt. So bereitet man sich ja auch voll fokussiert und professionell auf ein Rennen vor. Wohl nicht. Aus dem Auto neben mir ertönte kurz darauf aus allen verfügbaren Boxen Reggae-Musik. Der werte Athlet von nebenan wollte sich so in die richtige Rennstimmung bringen, in mir rief diese Musik um 08:00 Uhr morgens einfach nur Aggressionen hervor. Ok, das tut sie eigentlich tageszeitenunabhängig. Ich hätte natürlich mit „Fearless“ von Taylor Swift gegenhalten können, aber das wollte ich den anderen Menschen am Parkplatz dann doch nicht antun. Also ergriff ich einfach so schnell wie möglich die Flucht zum Bike-Check-In. Wie die gesamte Event-Location war auch die Wechselzone perfekt inszeniert. Mir war aber schnell klar: huiuiui, bis ich nach dem Schwimmen bei meinem Bike aka. Lebensgefährt bin, würde es wohl die erste Laktatüberflutung geben, denn der Weg bis zur Startnummer 329 war lang. Durch meinen Hang zum Quatschen hier war auch der Schwimmstart schnell gekommen. Kurz bevor ich mich in den See warf, drückte ich nochmal alle Mitstreiterinnen, die ich kannte, man war ja wie immer im Wahnsinn Verbündeter und nicht Gegner.


Wie bei den längeren Formaten mittlerweile üblich gab es auch am Klopeiner See einen Rolling Start. Auf geht’s, rein da – irgendwie musste ich das Schwimmen ja hinter mich bringen. Ich schwamm die ersten 200 Meter unfassbar souverän und schnell (jaja, diese subjektive Wahrnehmung ist schon etwas Feines), danach ging es wie immer bergab. Es nahm irgendwie kein Ende, doch ich sah schon die dritte Boje und ich dachte „Yes, jetzt geht‘s endlich retour zum Schwimmausstieg!“. Als ich schon nach rechts abbiegen wollte, fiel mir auf, dass dies außer mir irgendwie niemand vorhatte. Facepalm – es galt noch eine Boje zu meiner Linken zu erreichen und erst dann abzubiegen. Ach verdammt. Ich hatte mich mental doch schon am Rückweg befunden. Jetzt war die Motivation gänzlich davongeschwommen. Aber damit mich nicht alle Brustschwimmer überholten, versuchte ich nochmals Tempo zu machen. Endlich fertig – danke! Meine Uhr vermeldete in der Tat eine neue Bestzeit und nein, wir reden hier nicht von 28 Minuten, sondern von knapp über 40 (schön am Boden bleiben ?). Verzückt tänzelte ich also zwischen den Zuschauern Richtung Wechselzone. Dort bereitete sich neben mir auch gerade eine Freundin auf das Radfahren vor, also musste wieder gescherzt werden. In der lustigen Erörterung, wie zerlegt man sich eigentlich schon fühlte, war wohl irgendwie der Fokus verrutscht, denn als ich eigentlich schon bereit für die Radschuhe war, fiel mir auf, dass ich ja den Neo zum Teil noch anhatte. Wo ich meinen Wechselbeutel nach dem Umziehen abgeben sollte, war mir irgendwie auch entfallen und ich rannte damit wie ein kopfloses Hendl herum. Japp, den ersten Wechsel hatte ich in der Tat versemmelt und musste mich dafür wieder mal auslachen. Traurig, aber wahr: der Weg zum Rad wurde zwar im Maximalsprint zurückgelegt, aber nach wie vor in Radschuhen. Ja, irgendwann werde ich hier nachrüsten und mir triathlonspezifische Schuhe zulegen, die ich dann am Rad anziehen kann. Irgendwann, Leute, irgendwann.
Am Lebensgefährt fragte ich mich auf den ersten Metern schon, ob es denn unbedingt notwendig sei, da jetzt noch 90 Kilometer Radfahren zu müssen. Aber man hatte sich diese Sonntagsgestaltung ja schließlich selbst ausgesucht. Also treten, Einhörnchen, treten!
Die Radstrecke war mir ja schon bekannt, als Streber war ich sie in der Woche davor schon mal abgefahren. Meine Radbegleitung meinte in diesem Zuge, dass die Strecke schon schnell sei. Aha. ICH empfand das aber insbesondere auf der ersten Runde nicht ganz so und kämpfte ziemlich mit mir und meinem sonntäglichen Freizeitprogramm. Meine Gedanken wanderten zwischen „Ist eh schon egal, das wird nix mehr heute.“ und „Gibt’s ja nicht, über 30 km/h-Schnitt wirst ja wohl noch fahren können, jetzt tu halt g’scheid!“ herum. Ich habe keine Ahnung wie viel Kraft diese Zwiegespräche mit mir selbst durchschnittlich so kosten, aber sie helfen mir stets, so auch am türkisen Klopeiner See. Es rollte endlich!

© Herbert Scherer/Event-Gucker

Das lustige Hügelchen bei Rückersdorf war nicht nur Zuschauerhotspot, ich empfand es auch als recht amüsant zu fahren (ja, hasst die wunderliche Tante nur!). Aber gut, weil sich dort einige bekannte Gesichter im Zuschauerbereich tummelten, durfte man sich natürlich auch keine Blöße als sterbender Schwan resp. Einhorn geben. Gegen Ende der letzten Runde dann der Öko-Schreckmoment: die Frau Vegetarier, die sogar mitten im Lauftraining Regenwürmer vom Asphalt auf die Wiese trägt, überfuhr eine Raupe. I am so sorry. Ich war so schnell (endlich mal) und sie hingegen so klein (und nicht so schnell). Das arme Viecherl würde wohl nie mehr die Verpuppung und seinen großen Auftritt in „Schweigen der Lämmer“ erleben. Für weitere Sentimentalitäten hatte ich auch keine Zeit mehr, der letzte Kilometer vor der Wechselzone stand an. Ich war scheinbar so im Flow und motiviert, dass der nächste Wechsel-Fail passierte: da fährt sie dreimal die Runde, aber merkt sich nicht, dass es nicht nach rechts, sondern geradeaus in die Wechselzone geht und vergisst dann auch noch die Schuhe am Rad auszuziehen. Irgendjemand hatte wohl die Konzentration am Boden des im Auto befindlichen Schminktäschchens gelassen. Also lief ich wieder mit den Schuhen dahin, zwei Volunteers zeigten mir den Platz für mein Lebensgefährt an und nahmen es mir sogar ab – was für ein Profi-Moment! Auch beim Wechsel in die Laufschuhe stand mir ein Helfer äußerst nett zur Seite und packte den Wechselbeutel für mich zusammen. Gott sei Dank, denn wer weiß, wohin ich damit sonst wieder gerannt wäre…
Gerannt bin ich dann in der Tat, aber das musste ich ja auch im Rahmen der vier Laufrunden um den See. Wie immer startete ich eigentlich viel zu schnell. Diese Eigenart werde ich in diesem Leben wohl auch nicht mehr ablegen, wahrscheinlich schaffe ich es eher, das Tempo über ein ganzes Rennen zu halten. Auf dieser Laufstrecke war es aber eindeutig noch nicht soweit. Geplant hatte ich ja eine durchschnittliche Pace um 04:35. Diesen lustigen Plan hätte ich aber wohl mit dem Streckenprofil abstimmen sollen. Meine Nerven … nach dem ersten Überwinden des Anstieges auf der anderen Seeseite wusste ich: hallo Mülltonne, hier hätt ich einen Raceplan für dich! Und das war ja auch nicht der einzige Anstieg, denn wellig ging es weiter. Die Laufstrecke war somit also nicht nur wunderschön, sondern auch wirklich hart. Aber glücklicherweise wurde man von den genialen Volunteers (unglaublich, diese freundlichen Menschen!) und den Zuschauern getragen. Diese verhalfen mir dann auch zu meinen 100 Meter Fame auf der vorletzten Laufrunde. Hinter mir ertönte eine laute Trillerpfeife, das Begleitfahrrad kündigte die führende Dame an. Artig lief ich natürlich zur Seite, nur die schnellste Dame ließ noch ein wenig auf sich warten. So war ich temporär das einzige weibliche Wesen hinter dem Begleitfahrrad. Da ich zu diesem Zeitpunkt wohl auch nicht ganz so langsam ausgesehen haben muss, bekam ich den ganzen Jubel der Zuschauer ab. So muss es sich also als Profi anfühlen. Geiler Shit, das erlebe ich so wohl nie wieder. Ich kam mir für 100 Meter extrem cool vor, versuchte auch noch eine Spur schneller zu laufen (danach bin ich zwar beinahe abgekratzt, aber das war es wert), bis dann die Dame kam, die das richtig kann und an mir Richtung Ziel vorbeizog. Ich musste ja noch die letzte Runde hinter mich bringen, das letzte Mal den Anstieg hoch, ein letztes Mal erfolglos am Eisverkäufer an der Promenade vorbei und sich auf den letzten 1.5 Kilometern sagen: und jetzt holst du nochmal alles raus, bis zu kotzen musst! Auf den letzten Metern wurde gebissen! Kampfsaumodus!

© Herbert Scherer/Event-Gucker

Es zahlte sich aus! Neue Bestzeit, Platz drei Age Group und Kärntner Landesmeisterin auf der Mitteldistanz in meiner Altersklasse. Im Ziel tat mir alles weh, der Rücken meldete sich, aber wenigstens übergeben musste ich mich nicht. Gleich fiel mir eine liebe Triathlonfreundin um den Hals und es folgten Glückwünsche von Freunden von allen Seiten. Danke Leute!!!

Selten hatte ich ein Rennen so freundlich und familiär erlebt – da musste das Einhörnchen einfach strahlen. Besser könnte der Saisonabschluss auch nicht laufen – awesome!

Triathlonsaison 2018 – Over and Out!