1. Saisonhöhepunkt: Velden Triathlon – olympische Distanz
In Velden war ich noch nie am Start. Seit drei Jahren habe ich zwar immer Freunde angefeuert, aber selbst habe ich mich noch nie an die Startlinie dieses olympischen Bewerbs getraut. Zu viel Ehrfurcht, weil das Rennen immer sehr stark besetzt und nicht wirklich einfach schien. Noch dazu ist es immer recht früh in der Saison. Zugegeben ist es das eigentlich nicht, aber da ich als planloser Rookie immer erst im Frühling mit dem Training begann, wäre der Zeitrahmen da schon sehr sportlich gewählt gewesen. Nach der Reha 2014 fragte man mich vor meinem Leistungscheck im August: „Und, was sind deine Ziele für 2015? Wo willst du hinarbeiten?“. Da kam es mir ganz klar: Velden 2015. Das soll der erste Saisonhöhepunkt werden. Check.
Als erstes wurde mal der, wie sich herausstellen sollte, falsche Parkplatz anvisiert, vor 2 Jahren wäre der zwar super zum Check-In gelegen gewesen, jetzt aber nicht mehr. Nachdem die Zeit aber drängte und ich ob der ungewissen Parkplatzsituation in Startnähe nichts mehr riskieren wollte, watschelte ich zur Abholung der Startunterlagen los – in FlipFlops, weil meine Fersen immer noch wund von den letzten Schuhen waren (High Heels – so schön – aber noch so schmerzhaft, weil noch nicht eingetragen). Die Schmerzen von geschlossenen Schuhen wollte ich mir für den ersten Besuch in der Wechselzone während des Rennens aufbewahren. Außerdem: die paar Meter ums Eck kann man ja auch mit FlipFlops zurücklegen. Dachte ich zu diesem Zeitpunkt noch. Selbstverständlich bewegte ich mich über 10 Minuten konstant in die falsche Richtung (Beschilderung wird tendenziell überbewertet, gab es nicht), nette Staff-Members bei einer Absperrung wiesen mich dann darauf hin, dass sich der Check-In 2 Kilometer entfernt in der anderen Richtung befinden würde. Aha. Geil. Also retour. Auf der halben Strecke begann dann das Profi-Schuhwerk zwischen den Zehen zu reiben. Ideal. Wahrscheinlich ist es für so geartete Wanderungen nicht konzipiert.
Startunterlagen geholt, wieder retour, Rad gecheckt, umgezogen, alles vorbereitet und dann Dreiviertel des Proviants aufgegessen, weil ich ja schon über 4 Kilometer zurückgelegt hatte – in FlipFlops. Auf dem Rad und mit allerlei Stuff im Rucksack fuhr ich also zum Einchecken in die Wechselzone und das Wetter wurde stetig schlechter. Vor dem Racebriefing begann es zu schütten, es wurde immer dunkler und kälter, dazu Sturmböen. Ideale Bedingungen. Die Frage, ob mit oder ohne Neopren geschwommen werden sollte, erledigte sich somit auch, denn plötzlich befand man sich im Herbst. Eigentlich wäre auch Einschwimmen obsolet gewesen, nach 30 Sekunden des lustig an Land Herumspringens wäre man auch gleich nass wie im Wasser geworden. Im Wasser war es aber wenigstens warm, die Sicht jedoch gleich Null. Die angekündigten weißen Bojen sah ich vom Ufer aus faktisch nicht, im Wasser war es auch nur marginal besser.
Wasserstart – ich hielt gut im Mittelfeld mit, die erste Boje sah ich sogar noch. Dann agierte ich aber wieder mal wie die Inkonstanz in Person: hielt ich mich konsequent an die erteilten Ratschläge, schwamm ich sehr gut mit, dann kam jedoch sofort der Gedanke „Hey, ich schwimme sehr gut mit – lass uns jetzt doch eine Runde chillen!“ und schon fiel ich wieder ab. So ging es die ganze Zeit. Einzig an das Aufschauen zum Orientieren hielt ich mich – zum Glück, denn die Dame, in deren Wasserschatten ich für 600m schwamm, bog plötzlich nach links ab. Keine Ahnung, wo sie abblieb, ich jedenfalls hielt brav auf irgendeinen weißen Punkt in der Ferne zu, der glücklicherweise doch die Boje war. Durch meine stupide und inkonsequente Chillerei war das Mittelfeld aber davongeschwommen und die Strecke zurück zum Wasserausstieg war auch alles andere als lustig. Die Wellen wurden höher und wilder und jedes Mal, wenn ich mich orientieren wollte, klatschte mir eine Wasserwand ins Gesicht. Ich bin ja nicht nur ein Schönwetter-Radler, sondern auch ein Schönwetter-Schwimmer, also war das eine Bedingung, die ich überhaupt nicht kannte. Ein Glück, dass ich auf beide Seiten atmen kann. Ich wundere mich bis heute, dass ich nicht ertrunken bin. Mein Gott, ich brauch keinen Ironman Hawaii, ich hab den Wörthersee.
Schwimmausstieg – den Hügel zur Wechselzone raufgerannt – wie eine Gazelle (in meiner Welt sah es definitiv so aus!) – drei Liter Wasser aus den Radschuhen geleert – die Startnummer war natürlich durchweicht und schon beim Drüberziehen aus dem Racebelt ausgerissen – Brille auf – raus mit dem Rad – raus aufs Rad und los. Irgendwie war ich aber blind, konnte bei dem starken Regen überhaupt nichts sehen, Scheibenwischer wären nett gewesen. Also wieder runter mit der Brille und schnell im Style von Peggy Bundy (als Kind der Neunziger weiß man eben, wie man Geld, Brillen, etc. gekonnt verstaut) unter dem Trisuit eingepackt. Treten, treten, treten, schauen, wie einem Bäche auf der Straße entgegenkommen, treten, treten. Irgendwann bei einer Wende auf der vorletzten Runde war aber die Luft draußen, sehr ambitionierte und wetterfeste Streckenposten machten mir aber wieder Mut und klatschten, als ich mein unmotiviertes „Guys, I mog nimma!“ kundtat. Ja, am Bike durchlebe ich viele Phasen, ein grober Durchhänger muss irgendwie immer dabei sein. Weiter ging es, die letzte Runde noch mal einen Zahn zugelegt, es ging ja doch 😉
Dann endlich laufen, da brauchte ich sogar die Sonnenbrille wieder! Danke, Wetter – der Starkregen, der sich am Bike wie Hagel anfühlte, machte ja so viel Spaß. Ich kam aber nicht in Schwung. Was war da los – beim Laufen? Meiner Paradedisziplin? Ich kam mir sehr schneckenhaft vor. Dann aber Velden Downtown: ich erblickte meine Freundinnen!!! Überraschungs-Anfeuern. Wie geil! Ich freute mich so unfassbar und blödelte natürlich im Laufen mit ihnen herum, das muss immer drin sein. Aber ich fühlte mich weiterhin langsam, für die zweite Runde nahm ich mir mehr Tempo vor – schon alleine fürs cool Aussehen und außerdem durfte ich die Mädels doch nicht lange warten lassen! Die Labestationen wurden immer ausgelassen, einmal hatte ich sogar die Muse den netten Damen dort die Umstände zu erklären: „Danke, kein Wasser bitte. Ich hab noch vom Schwimmen genug.“ Ab der Hälfte der zweiten Runde zog ich das Tempo an – ein zwei Kilometer Zielsprint eben – zum Gaudium meiner Mädels und der Zuschauer neben ihnen (diese zeigten sich auch sehr euphorisch, als ich das mit dem Zielsprint ernst meinte … natürlich! Da gibt es keinen Spaß!). Da wurde es dann mit der Lauferei auch besser, da hätte das Rennen auch gerne noch ein bisschen länger dauern können.
Zieleinlauf – geschafft. Aber bombig war die Zeit bestimmt nicht. Vor allem vom Laufen war ich enttäuscht, vielleicht hatte ich ja die Flipflops angelassen. Der prüfende Blick nach unten sagte mir aber: nope, sind Asics. So what?
Nach dem Smalltalk mit anderen Mitstreitern wollte ich nur noch mein Bike abholen und ab nach Hause. Mir war so unfassbar kalt, das Auto aber zu weit weg und in der Wechselzone war ja bekanntlich auch keine trockene, warme Kleidung für mich. Also fröstelte ich dahin. Welch Glück, dass es auch wieder zu regnen begann! Irgendwie packte ich den Neo und das triefende Zeug zusammen (man kennt die Situation: plötzlich passt aber nicht mehr alles in den Rucksack, war das tepperte Ding etwa geschrumpft?), kletterte aufs Rad und versuchte die Strecke zum Auto unfallfrei zu bewältigen. Das war mehr Challenge als die 40 Kilometer im Rennen! Es war ein paar Mal knapp, aber ich schaffte es ohne Zwischenfälle zum Auto (Merke: lustige Stützräder und Gepäckskorb in Rosa suchen, im Idealfall passend zu den Lenkerhupen) und begann einzuladen. Weg mit dem nassen Zeug! Im Geiste sah ich mich schon nach einer heißen Dusche auf der Couch sitzen, mit einem Teller Nudeln und dem „CSI“ Marathon auf RTL Nitro und im Anschluss mit „Criminal Minds“. Da ruft mein Triathlon-Buddy an: Achtung, nicht heimfahren! Du musst noch zur Siegerehrung!
Ich? Zur Siegerehrung? Ein Scherz? Ich will doch nach Hause – „Criminal Minds“ wartet. Hallo!?
Aber krass! Ok! Ich zog mich also schnell um und fuhr hin (mit dem Auto – ich wollte nichts mehr riskieren – und freie Parkplätze gab es nun auch). Tatsächlich wurde ich in meiner Altersklasse generell Dritte und dann der WTF-Moment schlechthin: ich wurde auch noch Kärntner Meisterin in meiner Age Group. Ich fragte die Verantwortlichen ca. 397 Mal, ob es sich hier nicht um einen Fehler handeln könnte bzw. ob hier eh alles seine Richtigkeit habe, weil Halloooo, ich? Kärntner Meisterin? Das Einhorn, das fast ertrinkt?
Aber es stimmte. Ich schaute mir dann auch mal die Ergebnisliste an (hätte die Medaille zurückgebracht!), aber sie hatten keine Fehler gemacht. Kraaaass!
Weiters krass: sie Zeit selbst war, wie ich es im Gefühl hatte, ganz ok aber nicht berühmt (vom Schwimmen hatte ich nicht mehr erwartet, aber vor allem am Bike ist die Performance mehr als ausbaufähig, obwohl ich mir schnell vorkam … echt jetzt … gefühlt war das ein Schnitt von 45 km/h!)), doch gerade beim Laufen, das ich als ziemlich traurig empfand, war ich so gut wie nie – 10 Kilometer in 00:42:47. Geil.
Mein Ziel für dieses Rennen war es, zu überleben und Erfahrung auf der Olympischen Distanz zu sammeln. Erwartet hatte ich nix außer Schmerzen und Fails (Um der Fail-Reihe vom letzten Rennen in Krumpendorf entgegenzuwirken, hatte ich bewusst auf pinke Nägel und ein rosa Outfit verzichtet. Eishockey-Menschen wird ja tendenziell ein Hang zum Aberglauben nachgesagt. Jajaaa. Die Nägel waren also Mintgrün, das Outfit Türkis und Grau).
Und dann wird man so fett überrascht. The Einhorn is back on track!
Danke an die Mädels für die Bildchen vom Laufen, ihr seid awesome! 🙂