Das Schöne an den Wintermonaten, insbesondere am Anfang, sind nicht nur Weihnachtskekse, sondern auch die sogenannte Bewegungsvielfalt, die sich zu dieser Zeit in den Triathlon-Trainingsplänen finden lässt. Es darf also nicht nur im Hallenbad Kacheln gezählt, in der Kälte gelaufen und fürchterlich langweilig auf der Rolle gefahren werden, nein, man darf auch mal was Anderes machen! Dennoch ist damit nicht Shopping oder das Backen von Cupcakes gemeint (verdammt!), wir bleiben natürlich sportlich! Für mich bedeutet diese Bewegungsvielfalt vor allem „back to the roots“ und so geht es ein Mal pro Woche zum Eishockey. Manche Dinge verlernt man glücklicherweise nicht, ich kann mich aber nicht erinnern, dass dieser Sport früher auch schon so anstrengend war (doch, war er schon, ich habe es scheinbar einfach verdrängt). Zu den Nationalteam-Trainingscamp-Zeiten standen täglich zwei Einheiten am Eis und zusätzlich zwei Trainings in der Kraftkammer am Programm. Jetzt, fast vier Jahre nach dem Karriereende, stelle ich mir trotz Triathlon-Spaß die Frage, wie ich das damals überlebte. Derzeit denke ich mir in den 1.5 Stunden Eishockey nach einigen Wechseln auf der Spielerbank des Öfteren: kann den Kilometer in 03:30Minuten laufen, stirbt aber fast nach fünf Minuten am Eis. Quo vadis, Schnellkraft?
Ja, der Trainingsschwerpunkt hat sich in den Jahren eindeutig verschoben, das muss ich einfach auf die harte Tour so hinnehmen. Glücklicherweise bin ich in der Mannschaft aber das einzige Mädchen, also bleibt mir noch das Spielen der „Gender-Karte“ als stereotype Ausrede.
Manchmal muss man in seiner Bewegungsvielfalt aber auch neue Reize setzen. Ich überlegte mir also eine weitere Alternativsportart, irgendwie wurde es aber fast das Gleiche wie Eishockey … oder so ähnlich: ich begann mit Yoga. Viele meiner Freundinnen schwören darauf und auch in der Triathlon-Fachliteratur wird Yoga als Alternativaktivität empfohlen. Die Weichen waren also gestellt und ich war bereit, mehr Entspannung, Dehnung und generell meine innere Mitte zu finden. Die erste Anlaufstelle konnte für mein Vorhaben nur das Fitness- und Yogastudio „Atlantis“ sein, wo ich zu meiner Eishockeyzeit bereits viele Stunden im Kraftbereich verbracht hatte. Ich hoffte vor allem, in der dortigen sehr entspannten und sympathischen Atmosphäre wegen meiner koordinativen Inkompetenz und Beweglichkeit eines handelsüblichen Wischmops nicht ausgelacht zu werden.
Um nichts zu überstürzen, entschied ich mich für einen Yoga Basic Kurs. In meiner Welt musste dieser ja für den Yoga-Rookie genau passen. Es wurde fordernder als gedacht!
Für jemanden, der das Motto „Du hast erst dann richtig trainiert, wenn du dabei dem Kotzen nahe warst!“ verfolgt, liegt die erste große Herausforderung darin, seinen Körper in einer sportlichen Umgebung ohne Leistungsgedanken zu bewegen. Mir geisterten sogleich die Fragen „Warum?“ und „Sollte ich in dieser Zeit nicht lieber richtig train…“ durch den Kopf. Nein, nix. Hirn halt’s Maul! Hinsetzen, Augen schließen, tief ein- und ausatmen, in Ruhe ankommen und sich lockermachen. Ich ertappte mich gleich bei den ersten Übungen dabei, mehr oder weniger ungläubig und verzweifelt nach links und rechts zu schielen, weil ich absolut keine Ahnung hatte, ob die Bewegungen denn tatsächlich so gedacht waren. Mir wurde recht schnell bewusst, dass ich eindeutig der unbeweglichste Mensch im ganzen Raum war und fühlte mich gleich wie 85.
Die anderen Damen waren entweder absolute Naturtalente oder doch keine blutigen Anfänger wie ich, denn als die Instruktorin den Übergang in den „herabschauenden Hund“ ankündigte, machten alle anderen Kursteilnehmerinnen sofort die entsprechende, fließende Bewegung, während ich noch im Raum herumblickte und mir dachte „Oh, wie cool … hier gibt‘s einen Hund? Ja wo ist denn dieser Hund“. What a fail.
Nach dem dritten Durchgang hatte auch ich motorischer Vollpfosten die diversen Bewegungen und Positionen intus, schön und ästhetisch sah es aber wahrscheinlich nicht aus. Während ich alle Übungen, die auf Stabilität, Balance und Kraft basierten, doch souverän hinbekam, forderten mich alle Bewegungsabläufe, die mehr Eleganz und vor allem Dehnung verlangten, massiv heraus. Aber genau deshalb war ich ja da – ein wenig mehr Entspannung und Flexibilität für den Strommasten aka. den verkrampften Körper, der normalerweise ja nur schwimmt, Rad fährt und läuft.
Am Ende der Yoga-Session ging es in die totale Entspannungsphase. Wie diese Bewegungsabläufe hier genau hießen, habe ich mir nicht gemerkt, aber irgendwann fand ich mich in einem tranceähnlichen Entspannungszustand wieder. Ich nenne ihn einfach mal „das schlafende Einhorn“. Da ich meine Augen ja geschlossen halten musste, konnte ich meine Pulsuhr nicht checken (dies war ja auch nicht Sinn der Übung!), die Auswertung im Anschluss zeigte mir für diese Phase einen Ruhepuls von 43 an. Die Entspannung wirkte also, 15 kg leichter und erfrischt fühlte ich mich nach der Einheit auch. Die eishockeyaffine Triathlon-Tussi mutiert zum Yoga-Fan, wer hätte das gedacht?!
Mittlerweile versuche ich mindestens eine Yoga-Einheit pro Woche in den Trainingsplan einzubauen. Oft beende ich auch das Kraft- oder Stabilisationstraining mit Yoga-Übungen, weil es einfach guttut und ich „das schlafende Einhorn“ so gerne suche. Namaste.