Ja, es geht los. In den meisten Blogs oder Postings bedient man sich jetzt immer öfter des Hashtags #RoadtoIronmanAustria und kommt sich standesgemäß extrem cool vor. Ich frage mich aber viel mehr: mein Gott, beginnt jetzt der Triathlon-Wahnsinn? Alles bahnte sich doch so schön überschaubar mit Sprint- und Kurzdistanzen in der näheren Umgebung an, die man locker zwischen dem Tratsch mit Freundinnen und dem Sortieren der High Heels unterbringen konnte. Ehe man sich versah, kamen pro Saison dann schon zwei Mitteldistanzen irgendwo in Europa hinzu, weil man scheinbar nichts Besseres zu tun hatte. Letztes Jahr wurde ich nach meinem Finish beim Ironman 70.3 in der Schweiz gefragt, wann denn jetzt der erste ganze Ironman anstehen würde. Ich antwortete entsetzt: „Ich bin ja nicht irre, noch lange nicht!“. Ganz offensichtlich habe ich meine eigene Definition von „noch lange nicht“ … Ironman Austria 2018 – here I come.
Doch was würde jetzt noch kommen? Der Triathlon-Wahnsinn greift doch schon längst um sich …
Die Schuh-Garderobe …
Während man einst ein Paar Laufschuhe besaß, mit dem man rund zwei Jahre auskam (wer nutzte die auch schon öfter als zweimal pro Woche zum Auslaufen nach dem Eishockeytraining?), müssen es jetzt mindestens vier Paar sein. Der Langdistanzschuh, der Sprintschuh, der Trainingsschuh, der Schuh, von dem man sich nicht trennen kann, weil er doch so schön ist (aber eigentlich ausgelaufen). Die Radschuhe werden hier ja noch gar nicht hinzugezählt. Wenn es so weitergeht, löst diese Sportschuh-Parade noch Pumps, Stilettos und Konsorten ab. Schockierende Erkenntnis: gemessen an der Tragedauer sind die High Heels ohnehin schon aus dem Rennen!
Distanzen und so …
Wenn man mit Freunden irgendwo unterwegs ist, wird recht schnell klar, dass man mittlerweile einen speziellen Zugang zu Distanzen hat resp. zu dem, was man als „weit“ empfindet. Schlägt man also vor, dass man die drei Kilometer bis zur angestrebten Location ja locker zu Fuß gehen könne, weil es ja nicht weit sei, muss man damit rechnen, dass nicht nur Blicke töten können…
Wenn man das schönere Bike als ein Mann fährt …
Irgendwann kommt im Idealfall der Punkt, an dem das Budget ein schönes Triathlonrad erlaubt. Braucht man es eigentlich als Wald- und Wiesenathlet? Nein! Sieht es geil aus? Ja! Muss man es daher wirklich haben? Na unbedingt!
Wer jetzt denkt, dass ein solches Rad bei den Herren der Schöpfung stets gut ankommt, der irrt. Die sind dann auch mal grantig, weil das Rad der Tussi toller ist als das eigene (wahrscheinlich ist es nur der blanke Neid hinsichtlich der rosa Accessoires).
Ständiger Hunger…
Ja, hasst mich, aber rund sechs Kilo habe ich seit dem Wechsel vom Eishockey- zum Triathlonsport verloren. Das Training ist für Triathlon eben ein anderes und auch mit dem Thema Ernährung setzt man sich stärker auseinander. Man könnte jetzt meinen „Die isst wohl einfach zu wenig!“, aber weit gefehlt. Wer Triathlon- oder Ausdauersport betreibt, weiß: man hat echt immer Hunger (außer kurz vor oder nach einem Rennen, da kann einem schon mal schlecht sein, weil Angst oder körperlich am Ende und so …) und darf viel essen, weil man eben auch viel Energie verbraucht. Was für ein großartiger Nebeneffekt! Her mit der Torte! (So viel zu „man setzt sich ja mit dem Thema Ernährung stärker auseinander …“)
Die Normalitätsverschiebung …
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich einst beim Ironman Austria arbeitete. Zwei Jahre lang half ich als studentischer Volunteer bei der Athletenregistrierung aus und dachte mir eigentlich unentwegt: mein Gott, was sind das für Gestörte? Die sind doch alle definitiv nicht normal. Zwischen die unterschiedlichen Weltanschauungen passte eine Distanz von Gotschuchen bis Texas. Rund zehn Jahre später ist man nun selbst aktiver Teil dieser wunderlichen Subkultur und konstituiert diesen Lebenswandel als völlig normal. Wie schön ist es auch zu sehen, dass diese Triathlon-Familie wächst und wächst. It’s great to be crazy!
Was ein rockender Freitag-/Samstagabend ist …
Der neue Lifestyle als Triathlon-Wahnsinnige bringt ein weiteres Phänomen mit sich: während sich die meisten Menschen am Wochenende ins Nachtleben stürzen, ist man selbst vom Training aber zu müde dafür oder will sich entspannen, weil am nächsten Tag irgendeine 5-Stunden-Radausfahrt am Plan steht. Also vegetiert man scheintot auf der Couch dahin und fühlt sich extrem tough, weil man zum Ende des Primetime-Films noch wach ist. (Vielleicht werde ich aber auch einfach nur alt…)
Die Garmin muss mit …
Man bemerkt es kaum … aber irgendwie trägt man ständig seine Multisport-Uhr. Wozu eigentlich? Wer braucht die schon beim Staubsaugen oder bei der Gartenarbeit? Kein Mensch. Aber sie wird einfach zum ständigen Begleiter und ehe man sich versieht, trägt man sie auch unbewusst zum Businessoutfit statt der hübschen, grazilen Armbanduhr. Naja, wenn es farblich passt …
Das Rad ist nicht im Weg …
… sondern ein dekoratives Schmuckstück mitten in der Wohnung. Oder im Schlafzimmer. Generell gilt: das Rad passt als Wohnungsaccessoire einfach immer. Wer braucht schon so ein verkacktes Wandtattoo mit dem Slogan „Home is where the love is“, wenn doch das Rad dasteht! No words needed!
Überforderung …
… wenn man in der Offseason nicht wirklich viel trainiert. Was macht man mit der neu gewonnenen Zeit? Was machen andere Menschen, die nicht Triathlon-gestört sind, in dieser Zeit eigentlich? Origami falten? Malen nach Zahlen? Enten füttern? Ach ja, die sortieren wohl ihre Schuhe und treffen sich mit Freunden ?
Und? Wollen wir an unserem neuen Triathlon-Lifestyle jetzt was ändern? Na auf gar keinen Fall! ?