Ja, die Wirkungsweise und Eigenschaften des Web 2.0 wurden definitiv gut umgesetzt und genutzt. Immerhin dauerte es nur über einen Monat bis wenigstens ein paar Zeilen zu DEM Einhorn-Saisonhighlight zustande gebracht wurden. S‘peinlich. Aber getreu dem Motto vieler Finisher: besser spät als nie.
Als Streber und akribischer Vorbereiter reiste ich natürlich bereits am Donnerstag an. Gefühlte 354-mal checkte ich vor der Abreise, ob eh alles dabei ist. Immerhin handelte es sich bei Salzburg ja um ein Entwicklungsland, in dem man eine eventuell vergessene Zahnbürste niemals, aber auch niemals, käuflich erwerben könnte. Unzählige Male war ich schon verreist, beruflich oder privat, und das immer super entspannt, egal ob Kanada, Russland oder Schweden. Aber diesmal war ich offensichtlich wirklich nervös. Schon am Donnerstag. Mein Gott. Wo sollte das noch hinführen…
Die Fahrt nach Zell am See war super entspannt, ganz ohne Navi sofort zum Hotel gefunden. Ich bin nur 3-mal daran vorbei gefahren, da ich vollkommen davon überzeugt war, dass es sich auf der linken Straßenseite befindet. Es war selbstverständlich auf der rechten Seite. Das Drehen des Kopfes wird völlig überbewertet. Dennoch war ich souverän. Leute im Hotel – super nett. Parkplatz vor der Haustüre – ideal. Kleines, feines Zimmer – perfekt. Balkon zum Trocknen des Equipments – läuft.
Erster Weg: Athletenregistrierung, standesgemäß in DEM T-Shirt, das bereits die ganze Saison über auf seinen Einsatz wartete aka. dem Namenspatron dieses Blogs. Trotz der Nähe des Hotels zum Schwimmstart und zum Ortszentrum generell, war der Weg zur Registrierung fürchterlich lang, wohl auch wegen des permanenten Blickes auf die Uhr – ich hatte nur noch ca. 20 Minuten. Natürlich hätte ich mich auch am Freitag noch registrieren können, aber done ist eben done und ich wollte gerne alles unter Dach und Fach und die Unterlagen in meinen Händen haben.
Am Weg zur Registrierung tummelten sich bereits unzählige Athleten, obwohl ich von der Expo noch ewig entfernt war. Laufend, beim Schwimmen, am Bike – ich bekam Angst. So viele schwerst professionell wirkende Herren und Damen und dann ich, die Tante im Einhorn-Shirt ohne jede Ahnung. Also eigentlich war es wie immer 🙂 Diesmal aber in anderen, größeren Dimensionen. Ich redete mir ein, dass diese Leute alle erst am Sonntag bei der Weltmeisterschaft teilnehmen würden. Anmerkung am Rande: war nicht der Fall. Die Registrierung hatte ich gerade noch rechtzeitig geschafft, der Moment, in dem man zum ersten Mal das Athletenband um das Handgelenk montiert bekommt, ist ein besonderer.Ja, bitte beginnen Sie mit den Unkenrufen, dass es sich doch „nur“ um einen Ironman 70.3 handelte und nicht um einen „ganzen“. Angesichts der Tatsache, dass ich mich 12 Monate davor noch im „Rücken wieder halbwegs repariert- Reha-Modus“ befand, war dieser Moment für mich dennoch sehr groß. Für die nächsten Tage war man ob der „Markierung“ also offiziell „cool“ und/oder „sportlich“, für die meisten Menschen, die nicht Teil des Triathlon-Konglomerats waren, wohl aber vor allem „geisteskrank“. Läuft.
Am Abend, schon leicht in der Dämmerung, folgte dann die erste, kurze Ausfahrt zum Auslockern der Beine. Außerdem musste ich es ausnutzen, dass es sich aktuell wahrscheinlich um den einzigen Ort Mitteleuropas handelte, an dem man ohne Licht im Dunkeln überall mit dem Rad herumkurven konnte, ohne dass angemotzt oder abgestraft wird, weil es ja jeder machte, weil es ja von solchen Freaks wimmelte und man Milde walten ließ. Ich war so motiviert – ich war angekommen. Racemode!
Am nächsten Tag gleich in der Früh fand schließlich das ominöse Racebiefing statt. Ich glaube, viele arrivierte Athleten gehen da nicht hin, auch wenn es heißt, dass es für alle Teilnehmer verpflichtend ist. Als Streber und Newbie war ich natürlich dort – zum Glück und unglücklicherweise. Zum Glück, weil ich viele Dinge, die bei Ironman-Rennen bzw. für den Austragungsort spezifisch gelten, noch nicht wusste. Wieder was gelernt! Unglücklicherweise, weil ich es ein wenig mit der Panik zu tun bekam und mir dachte: „Ich muss hier weg…“. Das Wechselzonen-Prozedere irritierte mich, zu viel Information. Was? Ich schwankte zwischen zwei möglichen Szenarien:
Option a) What? Blöde Wechselzonen-Zeugs-Beutel, kenn mich nicht aus. Ach was, ich steck mich selbst in einen rein und häng mich auf.
Option b) Wir (also die koordinierte und die panische Gehirnhälfte) improvisieren und es wird schon irgendwie gehen … mehrere Lachkrämpfe wegen der selbstproduzierten Fails inklusive.
Ich greife vor: es wurde Option b.
Racebriefing done. Next Step Expo – schauen, wo man sein restliches Geld möglichst sinnvoll anbauen kann. Generell wurde der Geldbeutel aber geschont, trotz eines umfangreichen Angebots wurden nur Stopfen für die Aerobars und eine Tasche für das Oberrohr draus (hätte man auch mal zu Hause testen können, wie viele Gels in die alte Tasche passen und nicht erst vor Ort und dann bemerken, dass das Volumen nicht ausreicht … #Fail). Am Weg zum Hotel musste ich noch shoppen, konkret Essen shoppen. Irgendwie war mein Zeitplan durcheinander, der Bike-Check-In näherte sich und dabei wollte ich noch schwimmen und irgendwo essen und doch fehlte die Zeit. Das nennt man dann wohl „Freizeitstress“. Also wurde Essen geholt, das man dann neben dem Vorbereiten des „Race Gears“ essen wollte. So der Plan. Blöd nur, dass ich die Nerven beim Vorbereiten wegschmiss und nichts mehr essen konnte. Der gesamte Stuff für den Renntag und die Beutel lagen schön geordnet am Bett and I officially freaked out. Ich wollte ja noch laufen gehen … und schwimmen … weil es ja so viel bringt, am Tag vor dem Rennen nochmal das Rad neu zu erfinden und die Formkurve zeigt ja auch nur dann nochmal nach oben … not. Also was galt es jetzt beim Bike-Check-In mitzunehmen? Es war ein ewig dauerndes Hin- und Her, während ich mich gleichzeitig aber doch wieder über die farblich perfekte Abstimmung von Racebelt, Schwimmkappe, Tri-Suit und Startnummer freute. Hätte es nicht besser bestellen können! Aber essen war nicht drin. So bereitete man sich ernährungsseitig eben ideal vor. Hinten nach betrachtet eigentlich total lächerlich, eigentlich lag es ja auf der Hand, was wie mitzunehmen war. Aber der Rookie hatte Stress. Im Nachhinein ist man ja (im Idealfall) immer klüger.
Done. Ich war am Weg zum Bike-Check-In. Dabei durfte ich sehr, sehr nette und bereits routinierte Mitstreiter kennenlernen, die mir nicht nur alles zeigten, wertvolle Tipps gaben, sondern mir die Nervosität perfekt nahmen. Ich bin ihnen dafür wirklich, wirklich dankbar! Insgesamt fiel mir die entspannte Atmosphäre beim Check-In auf. Alles sehr ruhig, die Leute zu Späßchen aufgelegt. Daran konnte ich mich gewöhnen. Im Kurz- und Sprintbereich herrscht hier ja doch oft Hektik und Tunnelblick. Da hing es nun, mein Bike, neben ca. 2000 anderen oder korrekterweise neben 1999 anderen. Der einzige Gedanke: wenn ich morgen früh in die Wechselzone komme und es ist was kaputt oder so, wird es ein unfassbares Tourette-Gewitter geben. Zell am See – be aware. Als Bike-Fixing-Todl wäre das Rennen dann ja schon gelaufen.
Beutelchen hatte ich auch aufgehängt: Bike-Bag done, Run-Bag leer bis auf den Lipgloss. Ja, völlig korrekt. Ich wusste: wenn ich schon untergehen sollte, dann wenigstens als einziger Athlet mit einem Dior-Lipgloss im Run-Beutel. Und ja, ich musste ja noch laufen gehen, also gab es hier auch noch keine Schuhe drin.
Check-In done. Auf zum Laufen. Geil ging es. Kurz den Rennspeed angetestet. Gut sahen wir aus (wohl eh der wichtigste Faktor)! Måns Zelmerlöw war auch mit dabei. Ein bissl „Heros“ war schon notwendig. Wie ich mich auf das Rennen freute! Ich war so im Flow. Aber ich hatte noch immer kaum gegessen. Und eigentlich wollte ich ja auch noch schwimmen gehen. Aber die Zeit lief davon, so beschloss ich, das Schwimmen sein zu lassen. Wasser ist Wasser. Ich ging einfach davon aus, dass es nass und kalt sein würde (sie sollte Recht behalten!).
Am Abend kam dann glücklicherweise mein Race-Support Christian in Zell am See an und ich durfte in Gesellschaft essen. Finally wurde gegessen! Aber es war ein Kampf, denn der Appetit war begrenzt. Dabei hatte ich mich so darauf gefreut, in der Rennwoche echt intensiv und hemmungslos in mich reinfressen zu dürfen. Ja, ihr komplexgeplagten Damen dieser Welt – sowas darf man dann! Naja. Ein Bisschen der Mampferei ging sich ja aus. Es war ja nur ein großer Teller Nudeln in Käse-Sahne-Sauce … abends … in your Face, liebe Diät-Ratgeber!
Nachdem es am nächsten Tag um 04:00 Uhr früh hieß „Tagwache“, versuchte ich so früh wie möglich ins Bett zu gehen. Ein kläglicher Versuch! Ich musste ja noch warten, bis der Nagellack getrocknet war! Kein Rennen ohne fancy Nagellack und schon gar nicht dieses Rennen. Natürlich dauerte es genau an diesem Abend gefühlt 4 Stunden, bis der Lack trocken war. Jeder Fingernagel in einem anderen Rosa-/Pinkton, abgestimmt auf das Outfit. Auch hier galt: wenn schon nicht Schnellste, dann wenigstens … naja, die mit dem größten Willen zum besten optischen Auftritt. Lack trocken, nochmal Sachen geordnet und das Müsli für den Morgen gemischt.
Die letzte Nacht vor dem Rennen stand an! „Yeah“ oder so ähnlich.