Ich revidiere – es wurde gewonnen!

Wenn ich mich recht erinnere bzw. nachlese, wird im einführenden Text zur Thematik, warum und wieso dieser Blog überhaupt in irgendeiner Form existiert, darauf eingegangen, dass ich bisher nichts gewonnen habe bis auf Erfahrung und ein anerkennendes Klopfen auf die Schulter (wenngleich ich mir hier sicher bin, dass das Schulterklopfen von nicht Triathlonbetreibenden Menschen meistens meint: mein Gott, hast du einen Schaden, dass du da mitmachst – get a life!).

Kürzlich wurde ich dann aber doch überrascht.

„Kärnten läuft“ hatte sich in den vergangenen Jahren, zumindest in jenen, in denen man nicht auf Reha oder kaputt war, zum Fixtermin entwickelt. Halbmarathon – läuft. Jedes Jahr um 5 Minuten schneller – läuft. Immerhin hatte ich ja auch immer recht viel Zeit um mich vorzubereiten, findet das Rennen immer erst Ende August statt. Andere Laufveranstaltungen interessierten mich zugegeben immer nur wenig. Keine Ahnung warum –vielleicht, weil die Kulisse bei „Kärnten läuft“ schon sehr beeindruckend ist und es noch dazu auf meiner Heimstrecke stattfindet.

Sonnenlauf St.Veit – ein Halbmarathon vor der Nase, aber ich ging nicht hin. Nie. Keinen Bock. Ne. Da ist ja nicht mal ein See neben der Laufstrecke. Ne.
Aber man sagt ja, dass der Wettkampf das beste Training ist und weil ich absolut keine Ahnung hatte, wo ich nach der langen Pause läuferisch eigentlich stehe, hatte ich mich angemeldet. Als Trainingslauf. Und dann auch noch der ermäßigte Preis! Yeey. Zum vollen Preis hätte ich mich vielleicht doch wieder nicht angemeldet, weil … ne.
Na gut, angemeldet. Läuft. Startunterlagen geholt. Läuft. Aber irgendwie war das Gefühl komisch. Ich war nicht bereit. Ob es daran lag, dass es noch so früh in der Saison war (zumindest für mich), oder weil ich nicht das Gefühl hatte, was Besseres als einen Schnitt von 6:00 Min/km hinzubekommen oder weil mir die Expo am Eventgelände (mein Gott, Hauptplatz St.Veit … welches Eventgelände?) fehlte? Ich war nicht bereit. Das Gefühl der Vorfreude, das Kribbeln, das Bereitstellen des Equipments am Vortag … nichts war da. Ich hatte mir, um völlig ehrlich zu sein, am Renntag nicht mal eine frische Laufhose angezogen, sondern nahm einfach die vom kurzen Trainingslauf am Vortag. Ist ja auch kein Beinbruch … in Eishockeyrelationen gedacht.
Ich nahm es nicht ernst. Aber ich wollte zumindest am Abend davor früh schlafen gehen, begann das Rennen schließlich um 9:30 Uhr. Das hatte auch nicht funktioniert. Frauenfilm angemacht, nach 10 Minuten eingeschlafen, irgendwann nach Mitternacht wieder wach geworden und sich ins Bett geschleppt. Hätte ich mal „300“ oder „Resident Evil“ angesehen – dann wäre ich nicht eingeschlafen. Das war es also mit dem „Früh-zu-Bett-Gehen“.
Raceday. Ich hatte die Startnummer fast vergessen, dann den Chip beinahe nicht gefunden und meine Nägel nicht lackiert (und DAS ist normal vor jedem Rennen das absolute Muss! Immer eine andere Farbe!). Am Weg zum Startgelände kamen mir dann bereits vor Schweiß triefende Teilnehmer entgegen, kurz hatte ich mir gedacht: damn, war der Start doch schon um 8:45 Uhr??? Nein, es handelte sich nur um super motivierte und von oben bis unten mit Sponsoren zugeklebte Teilnehmer, die nicht nur das Lauf ABC in vollem Umfang durchexerzierten, sondern auch noch einen kleinen Viertelmarathon als Aufwärmprogramm absolvierten. Ok. Ich setzte mir die Sonnenbrille auf (Anm. der Red.: es war stark bewölkt und nicht wirklich hell, aber das war mir in dieser Situation egal – Sonnenbrille musste her), setzte mich auf eine Parkbank, beobachte die Konkurrenz und dachte mir: Guys, jetzt werdet’s das Rad aber auch nicht mehr neu erfinden. Da ich aber auch irgendwie aufwärmen musste und/oder wenigstens wirklich wach werden, kamen die Headphones zum Einsatz, „A warrior’s call“ von Volbeat wurde aufgedreht. Läuft. Langsam kamen dann doch der Flow und das Gefühl von „Achtung, Sie werden in Kürze Sport betreiben!“. Ich weiß nicht, ob es an der motivierenden Musik lag oder am Harndrang, aber nach 10 Minuten des musikalischen Aufwärmens auf der Parkbank, lief ich dann vor dem Rennen doch noch – zu den WC-Anlagen. Vor den Damen-Facilities herrscht kurz vor dem Start für gewöhnlich reges Treiben, also musste ich mich beeilen.
Der Startbereich war dafür nicht beschildert, daher reihte man sich Pi mal Daumen ein (im Verlauf des Rennens erkannte ich, dass ich wohl viel zu weit hinten war) und warf die Uhr an – START! „Kommt Gehfäden, auf zum schlechtesten Rennen ever!“
Aber, ohne es mit mir abzusprechen, machten die Geräte vom Start weg eine sehr gute Figur und so groovte ich mich auf eine 5:00 Min/km Pace ein. Ich war mir sicher, dass ich dieses Tempo niemals durchhalten würde – Overpacing deluxe – nach 8 km bist du raus, die Pfeife. Aber sie liefen und liefen. Bis zu Kilometer 13. Da musste ich mit mir selbst hadern, denn es handelte sich um die psychologische Schwelle – seit August 2013 war ich nie mehr weiter gelaufen als maximal 13 oder 14 Kilometer. Ich führte das für mich bei Rennen übliche Selbstgespräch „Ihr Säcke, ich hab gesagt, dass wir overpacen und jetzt geht nicht mehr? WTF?! Jetzt bringen wir das ins Ziel, verdammt!“. Für die Läufer in meinem Umfeld ein sehr verstörendes Szenario. Eine Tussi, die mit ihren Beinen spricht. Aber es hat gewirkt! Konstant wurde die Geschwindigkeit bei 5:00 Min/km gehalten – bis Kilometer 15. Da gingen mir das Grüppchen rund um mich und die Windschattenläufer auf den Keks. Lustig waren die auch irgendwie nicht. Der Kollege neben mir warf mir nur einen verständnislosen Blick zu, als ich ihn nebenbei fragte „…und, bei dir so?“. Ok, er war schon ziemlich am Ende und hätte sich wohl zwischen Übergeben und Sprechen entscheiden müssen. Also wollte ich mal testen, was die Gehfäden so hergeben. Generell hatte ich mir vorgenommen, das Tempo, wenn überhaupt möglich, auf den letzten 2-3 Kilometern anzuziehen. Aber wenn es läuft, dann läuft es. Somit begann ich damit schon 6 Kilometer vor dem Ziel (wenn es in die Hose gegangen wäre, hätte ich mich dann immerhin auch so richtig fett über meine Einfälle ärgern können). Auch wenn es auf dem letzten Kilometer nicht mehr ganz so lustig war, die Pace wurde auf 4:40 Min/km gedrückt (teilweise sogar drunter). Geil. Aber ja, ich war schon irgendwie froh, als ich dann im Ziel war. Die Gehfäden, mein Tomato-Head und ich. Wir waren doch noch ein gutes Team und ich war da schon mal sehr happy, dass ich mit 1:43:44 weit besser abgeschnitten hatte, als es für die Premiere geplant war. Das Wichtigste: der Rücken meldete sich NICHT! Und noch wichtiger: nach dem Rennen holte ich mir eine Schoko-Sahne-Torte. Yes!

Irgendwann kam dann die Ergebnisliste raus und ich schaute mal aus Neugier drauf. Hatte mich zunächst nicht mal gefunden (ok, das Rudel rund um den Aushang war groß und ich bin nun ja, recht klein und hab nicht viel gesehen) und dann plötzlich steht da neben dem Namen “W-30: 1”.
Ich ging davon aus, dass die sich hier einen Spaß erlaubten, dass das System verkackt hat oder, dass ich mich verlesen hatte, aber mir wurde mal kalt und heiß zugleich und ich jubelte innerlich mal richtig. Um sicher zu gehen, dass es sich nicht um einen Fehler handelte, blieb ich sicherheitshalber bei der gefühlt 7 Stunden dauernden Siegerehrung anwesend und ja: no kidding – ich hatte das Ding in meiner Altersklasse gewonnen. Holy Shit. Ich hatte noch nie was gewonnen! Und dann bei der Premiere! Und ganz ohne Sponsoren am Shirt und in der ungewaschenen Hose. Ich muss aber schon sagen: zum Glück hatte ich was gewonnen, denn eine Goldmedaille ist eine schönere Erinnerung an das Rennen als ein zeltartiges Finisher-Shirt und ein Stück Torte (obwohl die schon sehr geil war!).

 

Win1