Ich bin schon komisch geworden. Früher mal war „Kärnten läuft“ der einzige Laufbewerb im ganzen Jahr. Im August. Im August, mein Gott! In einer Phase von Übermotivation und wohl auch geistiger Umnachtung kam dann im letzten Jahr auch noch der Sonnenlauf in St. Veit hinzu. Wie schon in diesem Blog ausführlich erörtert, lief es resp. das Einhorn dort schon ganz gut. Also bin ich auch in diesem Jahr wieder dabei. Ist ja erst Anfang Mai.
Weil man als Triathlet aber mit der Zeit immer motivierter oder geistig noch umnachteter wird, reicht das ja nicht mehr und man beschließt, immer früher in sie Saison zu starten. Standortbestimmung bla bla oder weil man an einem Samstag sonst nichts Besseres zu tun hat. Also meldete ich mich beim Halbmarathon des LAC Wolfsberg an. Im März. Im März, mein Gott! Eigentlich ja viel zu früh. Da ist es für gewöhnlich auch noch kalt und so. Egal. Angemeldet war ich mal und dachte mir: „Naja, wenn nix geht, wird es schon keinem auffallen und generell werden die Zeiten schon nicht so stark sein und ich werde nicht alleine zum Schluss eintrudeln…“
Dachte ich.
Zumindest am Papier bin ich ja immer gut vorbereitet und daher musste ich natürlich die Resultate der letzten Jahre durchsehen. Na toll. Hätte ich mal lassen sollen. Während bei anderen Laufevents eine Vielzahl an Teilnehmern irgendwann die Ziellinie überqueren, während ich schon Torte esse, ticken die Uhren im Lavanttal (oder für die Freunde des Kärntnerischen: „Lovntol“) irgendwie anders und die Durchschnittszielzeiten lagen um die 01:40:00 und darunter. Aha. Ideal. Angesichts des frühen Datums und der daher angenommenen Unform ging ich davon aus, dass ich wohl über den Zielbogen laufen würde statt unten durch, weil man aus diesem bis zu meinem Einlaufen sicher schon die Luft gelassen haben würde. Dreck. Als braver Athlet (oder Fan der Selbstgeißelung?) ging ich aber trotzdem hin, schließlich hatte ich diese Laufeinheit ja auch schon in der Trainingswoche eingeplant. So recht bereit und motiviert war ich jedoch nicht. Der Indikator „Fingernägel nicht lackiert“ zeigte es auch beinhart und ohne Rücksicht an. 20 Minuten vor Start war ich auch SCHON vor Ort. Ging mal in den Startbereich, bemerkte, dass ich meine Startnummer noch gar nicht an mir montiert hatte. Temporär ging ich davon aus, dass ich sie verloren hatte, dennoch wollte sich keine Panik einstellen und so eierte ich wieder zum Auto zurück. War eh dort … nur eben noch im Startsackerl. Meine Güte, ich war sichtlich motiviert. Aufgewärmt hatte ich mich dann schließlich auch noch … ganze 200 Meter oder so. Alles höchst professionell.
Vor der Startlinie erkannte ich dann das unfassbar umfangreiche Feld der Damen. Ganze 3, in Worten „drei“, Damen inklusive mir waren auf der Halbmarathon-Distanz am Start. Yes, im worst Case sollte es immerhin noch Bronze geben. Standardmäßig reihte ich mich hinten ein, ich brauche keinen Stress am Anfang. Startschuss und kurz darauf hopste ich dann doch mal über die Startlinie. Hinten nach betrachtet, war das wohl die Differenz zwischen der Zeit auf meiner Uhr und der offiziellen Rennzeit. Ich drückte ja erst “Start” beim Überqueren der Linie, die offizielle High-Tech-Zeitnehmung arbeitete jedoch nach dem Motto „ab dem Startschuss läuft die Zeit für alle und wenn wir deine Startnummer über der Ziellinie sehen, wird deine Zielzeit händisch notiert“. Man stelle sich vor, ich wäre beim Startschuss noch am Klo gewesen! Da hätte mich dann keine Pace mehr retten können.
Anyways, jetzt wurde gelaufen. Für meine Verhältnisse startete ich eigentlich zu schnell, eine Pace von 04:35 war ja doch recht zügig. Aber es ging eben gut dahin und ich dachte mir „Aaaach, so kann ich ja noch ewig laufen – geht gut!“. Die Vernunft verlangte dann aber doch mal eine leichte Drosselung auf 04:45, wann wollte ja frisch im Ziel ankommen und generell plante ich, auf den letzten 3 Kilometern noch zuzulegen. Bis zur Wende bei Kilometer 10,5 oder so war ich so entspannt, dass ich bei Taylor Swift, die mich selbstverständlich via MP3-Player begleitete, mitsingen, die Flora und Fauna am Ufer der Lavant betrachten oder mich mit anderen Athleten unterhalten konnte. Am meisten amüsierte mich aber die gelungene Positionierung der Labestation mit frischen Getränken kurz hinter der Kläranlage. Frisch gezapft ist schließlich halb gewonnen. Nach der Wende fühlte ich mich immer noch sehr gut und war mir sicher, diese Pace souverän nach Hause bringen zu können. Hatte ich gedacht. Die Laufstrecke hatte es jedoch in sich. So super leicht, fast lässig man auch bis zur Wende galoppieren konnte, so mühsam begann ich ab Kilometer 16 Richtung Ziel zu traben. Die leichte, aber stetige Steigung der Strecke, die am Rückweg auf einen wartete, zog sich wie Kaugummi. Man merkte sie irgendwie kaum, aber eigentlich doch … mit jedem Schritt. Da war er dahin, der Plan der Attacke ab Kilometer 17. Die Pace sank und ich dachte mir bei der einen oder anderen Unterführung: „Fällt es eigentlich wem auf, wenn ich abbiege und heimgehe?“ … „Dreck. Das macht gerade aber gar keinen Spaß.“ … „Mir ist heiß!“ (ja, hatte mir zu viel angezogen, Shirt lang, Hose lang, Shirt unter dem Shirt … mein Gott, es war ja auch noch März! In meiner Welt war das clever bekleidet) … „Im schlimmsten Fall hast eh den dritten Platz. Who cares?!“
Naja, I care! Ein Herumwatscheln oder gar Versagen war in jedem Fall inakzeptabel. Also lief man eben weiter und ich bemühte mich wirklich, nochmal das Tempo anzuziehen. Den einen oder anderen Herren konnte ich noch einholen, aber mehr war nicht drin. Die Füßlein wollten nicht mehr so recht und ich war sehr, sehr froh, als ich durch den Zielbogen lief. Japp, genau … er stand noch! Meine Uhr sagte: 01:40:57, was für Mitte März schon recht ordentlich war. Bis „Kärnten läuft“ sollte so noch einiges drin sein. Irgendwie war ich primär aber nur froh, dass es vorerst mal vorbei war, auch wenn es mich dann noch ziemlich ärgerte, die tagesschnellste Frau nur knapp verpasst zu haben. Aber man kann ja nicht alles haben, den glorreichen Sieg in meiner Altersklasse hatte ich mir ja gesichert (die zweite Dame meiner Age Group kam doch etwas später ins Ziel … über den Zielbogen zu laufen wäre für sie fast zur Realität geworden), schönes Teil aka. Pokal inklusive.
Mit dem unter den Arm geklemmt war ich dann übrigens noch Shopping – gegenüber dem Zielbereich gab es einen Fressnapf und wenn ich schon so einen schönen Samstagsausflug mache, muss ich meinem Hund doch was mitbringen. Sollen doch alle was davon haben. Ich einen Pokal, der Hund einen Kauknochen.
Hab mir den Text jetzt nochmal durchgelesen – hab schon mal lustiger geschrieben. Aber was soll ich machen, es war eben nicht so lustig! Daher ein kleiner Appendix: vor zwei Tagen beim Lauftraining hatte ich die Sonnenbrille vergessen, weil ich die Zeitumstellung verdrängt hatte und es noch länger sonnig gewesen war, als gedacht. Als ich dann eben so an der Straße massiv geblendet dahinlief und die Augen zusammenkniff, dachte ich mir: hey, wie lange kannst du mit geschlossenen Augen laufen, bis du beim Straßenrand runterfällst?! Es sind 8 Sekunden. True Story.