Und plötzlich war sie da – die Off-Season. Für mich begann sie gleich nach dem Ironman 70.3 in Zell am See und eigentlich auch wieder nicht. Ob der wahnsinnigen Motivation nach dem Finishen bildete ich mir ein, zumindest noch ein Radrennen (ja genau – ich bei einem Radrennen) fahren zu müssen. Kärntner Radbergkönig it was. Mäßig gefahren, vor allem taktisch, und dennoch bin ich Dritte geworden. Irgendwie. Und nein, es waren aller Vermutungen zum Trotz mehr als drei Damen am Start! Was man hier wieder denkt …
Nach dem Radrennen sollte aber wirklich mal Schluss sein, wenigstens ein kleines Bisschen. Also beschränkte ich mich auf ein paar (ja, manchmal auch wirklich nur ein Paar, also zwei an der Zahl) Einheiten in der Woche, die ich je nach Spaß und Laune definierte. Unfassbar, wie viel Zeit einem für andere Dinge in der Freizeit auf diese Art und Weise bleibt! Da kann man mal seine hübschen Schuhe neu ordnen, Frauenmagazine lesen und die darin enthaltenen Sudokus lösen, die Wohnung neu dekorieren und diversen anderen stereotypen Blödsinn machen. Eigentlich geistern einem aber nach kurzer Zeit schon wieder Gedanken wie
- „Oh mein Gott, wenn ich nicht bald wieder anfange, wird das nichts mit 2016!“
- „Hab gesehen, dass Triathlon-Kollege XY schon wieder seit 2 Wochen im Training ist. WTF! Und ich bin nicht am Rad, sondern auf Seite 10 im Intouch-Magazin.“
- „Wie viele Wochen sind es noch bis zu den großen Rennen?“
- „Mein Rad passt farblich immer noch nicht zum Trisuit!“
- „Ich bin in den 2 Wochen Off-Season sicher schon fett geworden.“
- „Waren das damals noch Zeiten … mit Triathlon und so …“
- „Eigentlich ist’s eh geil, mal so ganz ohne Training … aber ich will 2016 besser sein! Beweg dich, du faules Aas!“
im Kopf herum. Sehr gesund ist das. Also musste wieder begonnen werden. Immerhin war bereits Oktober! Mein Gott, Oktober! Ans Gerät! Aber wie es nun mal so ist, ja wie es wirklich immer ist, kommt genau dann die Erkältung, wenn man seit einer Woche wieder im Aufbautraining ist und das Gefühl hat, langsam wieder in den Flow zu kommen. Es musste ja so sein. So galt es abzuwarten, Tee zu trinken und säuerlich zu sein, weil scheinbar alle anderen schon in Topform zu sein schienen, nur man selbst übte sich im Dasein als Couch-Sportler. Aber gut, die Erkältung sollte im Idealfall jetzt nicht lebensbedrohlich für mich oder meine Form sein und so konnte rasch wieder mit einem leichten Training begonnen werden. Ein kurzes Vergnügen – Rückschlag inklusive Stirnhöhlenentzündung. Was sollte das? So galt es wieder abzuwarten, viel Tee zu trinken, die Medikation zu befolgen und fürchterlich säuerlich zu sein, weil scheinbar alle anderen schon in verdammter Kona-Form zu sein schienen, nur man selbst übte sich im Dasein als Häufchen Elend im Bett. Anstatt die im Herbst/Winter üblichen Krafteinheiten in den Trainingsplan zu integrieren, fühlte ich viel eher, wie sich die Konsistenz meiner Muskulatur der Form eines mit viel Weichspüler behandelten Handtuches annäherte. Jaja, vom Jammern wurde es auch nicht besser, aber ich brauchte es in diesem Moment. Erst nach einer Zeitspanne von mehreren Monaten (ok, ich hatte nur den Eindruck, in Wahrheit waren es nur 2 Wochen) konnte ich wieder voll ins Training starten. Generell dachte ich mir die ganze Zeit: warum kann ich denn nicht in der Off-Season krank werden? Da wäre es ja egal gewesen. Na gut, es ist zwar auch nicht unbedingt Sinn und Zweck der Off-Season, krank dahin zu vegetieren, aber immer noch besser als in der Wintervorbereitungsphase!
Witterungsresistent und voll fit war ich aber wenigstens im Dezember wieder gut dabei und zuversichtlich, dass es 2016 doch noch was wird. Den Fokus legte ich vor allem auf meine dünne Schwimmerei, Coachings inklusive. Ich warte aber bis heute auf einen M. Phelps-ähnlichen Leistungssprung nach vorne. Aber irgendwann werde ich es noch lernen, 2025 oder so.
Mit dem Hund als Trainingspartner wurde auch viel gelaufen, mal nach eigenem Körper- und Laufgefühl, mal streng nach Pulsuhr und mal just for fun ein paar Trail-Läufe für mehr Laufkraft oder für den nächsten Fail: der Hund will nach links, ich eigentlich nach rechts, man einigt sich bei einer Minimalgeschwindigkeit von 50 km/h demokratisch auf den Mittelweg und dabei übersieht man schon mal den Baum vor einem. Schon war der Fichtenast in meinem Auge. Da keine sofortige Erblindung eintrat, sondern nur fürchterliche Schmerzen, dachte ich mir nicht viel dabei und beendete die Einheit ganz normal getreu dem Motto: wird schon wieder passen. Am nächsten Morgen erlag ich aber beinahe einem Herzinfarkt: zum einen waren die Schmerzen schlimmer, zum anderen wegen des Blickes in den Spiegel. Zugegeben konnte ich nur noch auf einem Auge sehen, aber das, was ich sah, ähnelte nicht mehr einem tänzelnden Einhorn, sondern viel mehr Cyclops (im Plural Cyclopes für die Latein-Freunde unter uns) aus der römischen/griechischen Mythologie. Generell galten die einäugigen Zyklopen nicht wirklich als Kandidaten für Zeus‘ next Topmodel oder als beliebt, hätten heute wohl auch nur wenige Follower auf Instagram (oder noch weniger Likes als die Seite zu Unicorn-Racing auf Facebook?).
Also auf zum Augenarzt, der einen Riss in der Hornhaut diagnostizierte und mir gleich mal Sportkarenz, einen Augenverband und Medikamente verschrieb. Es war ja so klar. Gerade wieder im Flow und dann das. So galt es wieder abzuwarten, manchmal Tee zu trinken, Augenverband zu tragen und extrem säuerlich zu sein, weil scheinbar alle anderen auf Trainingslager im Süden zu sein schienen, nur man selbst übte sich wieder im Dasein als Couch-Sportler. Es war wie verhext. Das nette Auge wollte auch nicht so recht heilen, sondern reagierte mit einer allergischen Reaktion auf die Arzneimittel. Alle bauten Form auf, nur ich dümpelte als Zyklopen-Lulu dahin. No Swim, No Bike, No Run – das Motto zum Jahreswechsel.
Über eine Woche dauerte es, bis alles wieder gut verheilt war und ich die Freigabe für erneutes Training erhielt. Eine gefühlte Ewigkeit für mich. Irgendwie zähle ich die verpassten Trainingstage wie Hundejahre, also mit 7 multipliziert.
Finally – ich startete wieder ins Trainingsgeschehen! Yes! Wieder witterungsresistent, wieder mit Hund und wieder voll fit und motiviert.
Mal sehen, wie lange es diesmal anhält 🙂
Training 2016 – ab heute geil!